Impfung ohne mRNA - Ungeimpfte drängen auf alternativen Impfstoff

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Impfung ohne mRNAUngeimpfte drängen auf alternativen Impfstoff

In Impfzentren und bei Swissmedic häufen sich Anrufe von Personen, die nach einem alternativen Impfstoff fragen. Der Bund solle sofort den Impfstoff von Johnson & Johnson beschaffen, fordert ein Nationalrat.

Darum gehts

  • Der Bund verhandelt über einen alternativen Corona-Impfstoff.

  • «Seit Dienstag haben vermehrt Personen angefragt, ob sie sich bei uns schon mit dem Impfstoff von Johnson & Johnson impfen lassen könnten, und ab wann dies möglich sei», meldet der Geschäftsleiter eines Impfzentrums.

  • FDP-Nationalrat Marcel Dobler schlägt vor, dass das BAG ein paar 100’000 Dosen bestellt.

  • Der oberste Impf-Chef sagt: «Wenn eine Empfehlung erfolgt und der Impfstoff verfügbar ist, wird sicher die Impfrate steigen.»


Beim Bund laufen intensive Verhandlungen für den Bezug von Impfdosen des Impfstoffs von Pharmahersteller Johnson & Johnson. Dieser ist ein vektorbasierter Impfstoff (siehe Box). Seit die Verhandlungen am Dienstag bekannt wurden, können einige Ungeimpfte die Impfung kaum mehr erwarten.

«Seit Dienstag haben vermehrt Personen angefragt, ob sie sich bei uns schon mit dem Impfstoff von Johnson & Johnson impfen lassen könnten, und ab wann dies möglich sei», sagt Thomas Kraft, Geschäftsleiter des Impfzentrums Winterthur in Winterthur ZH.

«Vorbehalte gegenüber den mRNA-Impfstoffen»

Ähnliche Erfahrungen macht die Heilmittelbehörde Swissmedic. «Bei Swissmedic melden sich zahlreiche Bürgerinnen und Bürger, die sich für den zugelassenen Impfstoff von Johnson & Johnson interessieren», bestätigt Swissmedic-Sprecher Lukas Jaggi.

Darunter seien Personen, die sich nicht grundsätzlich als Impfskeptiker bezeichneten, sagt Jaggi. Stattdessen hätten sie angegeben, mit der Impfung zu zögern, weil sie gegenüber den mRNA-Impfstoffen Vorbehalte hätten. Wichtig sei laut Jaggi jedoch, dass die mRNA-Impfstoffe von Swissmedic ebenso sorgfältig geprüft würden wie der Vektorimpfstoff von Johnson & Johnson.

Auch Kantone wie St. Gallen, Obwalden und Uri geben an, Anfragen nach der Möglichkeit für eine Impfung mit einem Vektorimpfstoff erhalten zu haben.

«Angebot muss erweitert werden»

Aktuell sind in der Schweiz rund zwei Millionen Menschen noch nicht gegen das Virus geimpft. Für Kinder unter zwölf Jahren ist noch kein Impfstoff verfügbar. Ginge es nach FDP-Nationalrat Marcel Dobler, gebe es keine Zeit mehr zu verlieren. «Der Bund soll nicht bald, sondern sofort den Impfstoff von Johnson & Johnson beschaffen und für die breite Bevölkerung zulassen», so Dobler.

Er behaupte, dass ein Drittel der Ungeimpften ein Problem mit dem mRNA-Impfstoff habe, sich jedoch nicht mehr gegen die Impfung sträube, sei eine Alternative verfügbar, sagt Dobler.

Der Bundesrat wolle die Impfquote deutlich erhöhen, was bisher nicht gelungen sei, sagt Dobler. Der Bund müsse pragmatisch vorgehen. «Ist die Nachfrage zu klein, muss man das Angebot erweitern. Das gilt auch für Impfstoffe.» Der Gesundheitspolitiker schlägt vor, dass das BAG ein paar 100’000 Dosen bestellt.

«Dabei würde schnell klar, wie gross die Nachfrage nach einer Covid-Impfung ist.» Dobler rechne damit, dass die Impfquote um mindestens zehn Prozent ansteigen werde, sobald ein alternativer Impfstoff verfügbar sei.

«Impfrate wird sicher steigen»

Den jüngsten Informationen zufolge ist jedoch vorgesehen, dass der Bund vom Impfstoff von Johnson & Johnson eine kleine Menge Impfdosen bestellt und diese Personen vorbehält, die sich aus medizinischen Gründen nicht mit dem mRNA-Impfstoff impfen lassen können.

Die Eidgenössische Kommission für Impffragen (EKIF) evaluierte laut dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) die Daten zum Impfstoff von Johnson & Johnson und wird eine Empfehlung erarbeiten. «In dieser wird festgelegt, wie und für wen dieser Impfstoff zum Einsatz kommen wird», sagt BAG-Sprecherin Nani Moras.

Für EKIF-Chef Christoph Berger steht fest: «Wenn eine Empfehlung erfolgt und der Impfstoff verfügbar ist, wird sicher die Impfrate steigen.» Um wie viel, könne er auch noch nicht sagen. «Aber eine Steigerung ist sicher im Sinne der Impfstrategie.»

Voraussichtlich am Montag wird der Bundesrat in der Fragestunde Marcel Doblers Frage über den Stand der Verhandlungen mit Herstellern von protein- und vektorbasierten Impfstoffen beantworten. An einer Medienkonferenz am Freitag sagte Gesundheitsminister Alain Berset (SP): «Wir sind dran, den Janssen-Impfstoff von Johnson & Johnson zu beschaffen.»

So funktionieren die Impfstoffe

mRNA-Impfstoff
Das Coronavirus zeichnet sich durch die Spike-Proteine an seiner Hülle aus. Nachdem die messenger-Ribonukleinsäure (mRNA) in den Muskel gespritzt wurde, nehmen die Körperzellen die mRNA auf und lesen den Bauplan für die Spike-Proteine ab. Danach werden die Spike-Proteine produziert, die der Körper bisher noch nicht kennt. Da der Körper jetzt weiss, wie die Spike-Proteine aussehen, erkennt er das Coronavirus und kann es direkt unschädlich machen. Die mRNAs können im Labor schnell und effizient hergestellt werden. Auch lässt sich die mRNA einfach anpassen – etwa im Fall von Mutationen.

Vektor-Impfstoff
Dieser Impfstoff bildet Teile der Hülle des Coronavirus auf einem ungefährlichen Virus nach. Vektor-Impfstoffe sind gentechnisch veränderte und damit harmlose Viren. Die gezielt veränderten Viruspartikel schleusen das genetische Material eines Erregers in Zielzellen ein. Danach gaukelt das genetische Material dem Körper eine Infektion vor, worauf Antikörper produziert werden. Erstmals zugelassen wurden Vektor-Impfstoffe gegen Ebola.

Protein-Impfstoff
Ausgewählte Proteine des Krankheitserregers werden verabreicht. Nach der Impfung aktiviert das Erregerprotein das Immunsystem und löst die Herstellung von Antikörpern aus, die den Erreger abwehren. Diese Technologie wird bereits bei der Grippeimpfung oder Hepatitis B eingesetzt.

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