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Duma-Wahl in RusslandDie Kommunisten mausern sich zur Opposition

Noch immer die Heimat für viele verarmte Rentnerinnen und Rentner: Anhänger der Kommunisten gedenken mit Lenin-Plakaten und roten Fahnen des Untergangs der Sowjetunion.

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Nachdem Dutzende liberale Kandidaten disqualifiziert worden sind, bietet kurz vor der Duma-Wahl die Kommunistische Partei dem Kreml die Stirn. Sie verlangt «ehrliche und saubere Wahlen». In ihrem Wahlprogramm finden sich Sätze, die auch von jenen liberalen Parteien und Politikern stammen könnten, die der Kreml in den vergangenen Monaten so brachial bekämpft hat. «Die KP Russlands wird die Willkür der Justiz beenden, den Druck der Behörden und das Informationsdiktat. Die Verfolgung von Bürgern aus politischen Motiven wird gestoppt», heisst es unter dem Titel «Die Macht in die Hände des Volkes».

Der Ton der Kommunistischen Partei ist scharf. Der Regierungspartei Einiges Russland wirft sie vor, mit der Anhebung des Rentenalters ein «schändliches Gesetz» verabschiedet zu haben. Von «Korruption und Verbrechen» ist die Rede, die «eine Gefahr für das Land sind», von «Diebstahl der staatlichen Befugnisse» – es klingt wie aus dem Munde von AlexeNawalny, der gegen die staatliche Macht aufbegehrt hat und in einer russischen Strafkolonie einsitzt.

17 bis 19 Prozent der Stimmen sind möglich

Wirklich neu ist das auf den ersten Blick nicht. Wenn in Russland Wahlen anstanden, haben sich die Kommunisten immer wieder gegen die Machthaber in Szene gesetzt und sich als stärkste Oppositionspartei präsentiert – um dann regelmässig wieder zahm zu werden. Die KP gilt seit langem als Partei der sogenannten Systemopposition, die im Parlament Pluralismus vorgaukelt, aber im Wesentlichen die Politik des Kremls mitträgt.

Ihr Dauerchef Gennadi Sjuganow hatte 1996 einmal die Welt in Atem gehalten, weil er bei der Präsidentenwahl beste Chancen gegen den damaligen Kremlchef Boris Jelzin hatte. Dieser musste damals sämtliche Oligarchen und Medien ins Boot holen, um in Moskau eine Rückkehr der Kommunisten an die Macht zu verhindern. Sjuganow ist inzwischen 77 Jahre alt, und Präsident Wladimir Putin muss ihn nicht fürchten – aber die Kommunistische Partei vielleicht schon.

Bei der Wahl am Wochenende werden ihr 17 bis 19 Prozent der Stimmen zugetraut, das sind nicht mehr sehr viel weniger als bei der unbeliebten Regierungspartei Einiges Russland. Die politischen Spielregeln haben sich zuletzt etwas geändert. Und mit ihnen auch die KP.

Spielt gerne auf alte Sowjetzeiten an: Der Dauervorsitzende Gennadi Sjuganow mit jungen «Gefolgsleuten».

Russlands Kommunisten haben traditionell viele Anhänger in der älteren Generation, bei verarmten Rentnerinnen und Rentnern, die der verflossenen Sowjetunion nachtrauern und den Sowjetdiktator Stalin verklären. Das hat zwar nicht ausgereicht, um bei den vergangenen Wahlen die Regierungspartei Einiges Russland zu besiegen, allerdings hat sich die KP abseits von Parteichef Sjuganow verjüngt.

Als das Lager von Oppositionsführer Nawalny es schaffte, die Menschen in Russland zu Massendemonstrationen gegen die Regierung zu bewegen, standen die Kommunisten vor der Frage, wie sie sich dazu stellen sollten. Parteichef Sjuganow verurteilte Nawalny und dessen «Provokationen». Andere Kommunisten schlugen sich aber auf Nawalnys Seite, weil auch sie enttäuscht sind von niedrigen Löhnen und Renten, von gesellschaftlichen Ungleichheiten und dem zunehmend autoritären Staatsverständnis.

Nawalnys zerrupftes Team hat eine Liste mit Wahlempfehlungen herausgegeben.

Sowjetnostalgiker und Ideologen auf der einen Seite, pragmatische Linke, die sich als demokratische Sozialisten verstehen, auf der anderen: Ein Riss innerhalb der KP deutet sich an, gekommen ist es dazu allerdings nicht. Doch der Kreml und seine Strategen können nicht mehr davon ausgehen, dass die Kommunisten nur aus zuverlässigen Scheinoppositionellen bestehen. In den vergangenen Monaten sind deshalb auch KP-Mitglieder ins Visier der Justiz geraten. Etwa der Millionär Pawel Grudinin, der bei der Wahl nicht antreten darf, sowie Nikolai Bondarenko aus der Wolgastadt Saratow, der dort bei der Parlamentswahl den einflussreichen Duma-Vorsitzenden Wjatscheslaw Wolodin herausfordern wollte. Er wurde vorübergehend festgenommen, nachdem er an einer nicht genehmigten Demonstration für Nawalny teilgenommen hatte.

Nun tritt Bondarenko in einem anderen Wahlkreis an und könnte wie viele andere Kommunisten von einer Taktik des Nawalny-Lagers profitieren – dem klugen Abstimmen. Nawalnys zerrupftes Team, von Kandidaturen für die Duma-Wahl ausgesperrt, zum Teil in Haft, zum Teil ins Ausland gedrängt, hat eine Liste mit Wahlempfehlungen herausgegeben. Die Russinnen und Russen sollten für jene abstimmen, welche die grössten Chancen hätten, die jeweiligen Kandidaten der Regierungspartei Einiges Russland zu schlagen, egal, wer es ist. Zwei Grüne sind dabei, zehn von der liberalen Jabloko-Partei, zwanzig von der nationalistischen LDPR und 137 Bewerberinnen und Bewerber der Kommunistischen Partei.