Nach Zertifikats-Entscheid - Impfnachfrage steigt jetzt auch auf dem Land

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Nach Zertifikats-Entscheid Impfnachfrage steigt jetzt auch auf dem Land

In Kantonen mit tiefer Impfquote steigt die Nachfrage nach der Impfung seit dem Zertifikats-Entscheid stark an. «Für viele gibt der sanfte Impfdruck den Ausschlag», heisst es etwa in Uri.

«Der Druck ist unendlich gross geworden»: Schwyzer sagen, warum sie sich jetzt impfen lassen.

Video: 20 Minuten

Darum gehts

  • Seit dem Zertifikats-Entscheid des Bundesrats wollen sich auf dem Land mehr Personen impfen lassen.

  • «Wir sind traditionell eine eher impfskeptische Region», sagt der Appenzeller Kantonsarzt Markus Schmidli.

  • Viele kämen sich im Moment nur impfen, um ein Zertifikat zu bekommen.

Nach der Ausweitung der Covid-Zertifikatspflicht wollen sich in Kantonen mit bisher tiefen Durchimpfungsraten immer mehr Personen impfen lassen: «Die Nachfrage nach Impfterminen ist seit letzter Woche explosionsartig gestiegen», sagt etwa Markus Schmidli, stellvertretender Kantonsarzt in Appenzell Innerrhoden. Man verimpfe fast dreimal mehr Dosen als noch vor dem Entscheid des Bundesrats.

Auch in Nidwalden hat sich die Impf-Nachfrage im kantonalen Walk-In-Zentrum verdoppelt, wie es auf Anfrage heisst. Und im Spital Schwyz musste wegen des zeitweise grossen Ansturms gar ein Sicherheitsdienst aufgeboten werden. Beim Besuch von 20 Minuten am Mittwochmorgen hatte sich der Ansturm allerdings gelegt, Schlangen gab es zu diesem Zeitpunkt keine.

Impfung für Zertifikat

Der Impf-Boom ist laut Kantonsvertretern aber gerade in ländlichen Regionen mit tiefer Impfquote zu spüren: So verzeichnen auch Uri, Glarus, Appenzell Ausserrhoden und Obwalden eine höhere Nachfrage nach der Impfung. Dort geniessen Gegnerinnen und Gegner der Corona-Massnahmen viel Unterstützung: Das Aktionsbündnis Urkantone und die Freiheitstrychler sind beide im Kanton Schwyz beheimatet. Zudem wurde das Covid-19-Gesetz im Juni nur in der Innerschweiz und im Appenzell abgelehnt.

«Wir sind traditionell eine eher impfskeptische Region», sagt Kantonsarzt Schmidli aus Appenzell Innerrhoden. Das sei in vielen ländlichen Gebieten so. Seinem Eindruck nach würden sich in Appenzell derzeit nur wenige impfen lassen, weil sie die gesundheitlichen Vorteile sähen: «Die meisten kommen, weil sie ein Zertifikat wollen.»

 BAG

«Sanfter Impfdruck» gibt den Ausschlag

Auch in Uri heisst es, dass sich viele sich wegen der ausgeweiteten Zertifikatspflicht impfen liessen: «Für sie ist das die einfachere Alternative zum Testen», sagt Adrian Zurfluh, stellvertretender Direktor der Urner Standeskanzlei. Der sanfte Impfdruck der bald kostenpflichtigen Tests habe für viele den Ausschlag gegeben.

Das sagt auch Nikolaos Loustas: «Ich lasse mich nur wegen des Zertifikats impfen», so der Gastromitarbeiter im Videointerview mit 20 Minuten (siehe oben). Für Treuhänder Stephen Baumann ist zudem klar: «Der Druck auf die ungeimpfte Bevölkerung ist unendlich hoch.»

Kantone sind zufrieden

Auch bei der Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektoren (GDK) habe man erwartet, dass sich die Ausweitung der Zertifikatspflicht auf die Impfquote auswirke: «Das ist ein willkommener Nebeneffekt», sagt Sprecher Tobias Bär.

Generell sei man zufrieden mit der momentanen Entwicklung: «Die Beschleunigung der Impfgeschwindigkeit ist erfreulich», so Bär. Man unternehme viel, um die Leute mit niederschwelligen Angeboten zu erreichen. Es brauche aber noch mehr Anstrengungen sagt der Sprecher: «Wir müssen noch schneller impfen.»

Kantone brauchen mehr Personal

Wegen der hohen Impf-Nachfrage ist man vielerorts am Anschlag: So will der Kanton Uri seine Kapazitäten ausbauen, wie Zurfluh sagt: «Wir prüfen, die Impfzeiten auszudehnen und mehr Termine anzubieten.» Dafür sei man auf der Suche nach zusätzlichem Personal. In Appenzell Innerrhoden wurde die bestehende kantonale Impfstrasse schon ausgebaut: «Das Personal ist aber im Moment sehr gefordert, wir suchen händeringend nach mehr Leuten», so Kantonsarzt Schmidli.

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