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Pegasus-AffäreDer Anwalt von Prinzessin Latifa wurde ausspioniert

Prinzessin Latifa (Mitte) am 7. April 2021 im Dubai World Trade Center bei einer Kunstmesse.

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Die Überwacher griffen an, als David Haigh im Krankenhaus war. Über eine auf sein Handy versandte Nachricht installierten sie am 3. August 2020 die Spähsoftware Pegasus und konnten fortan wohl mithören und mitlesen, was auch immer der Anwalt und Menschenrechtler sprach oder schrieb. Dies ergab eine forensische Analyse des iPhone des Briten, die das Amnesty International Security Lab durchgeführt hat.

Haigh reiht sich damit ein in eine lange Liste von Journalisten, Politikern und Menschenrechtlern, die mithilfe der berüchtigten Software der Firma NSO Group überwacht wurden. Sein Fall ist besonders pikant, da Experten hinter der Ausspähung einen der reichsten und mächtigsten Männer der Welt vermuten: den Scheich von Dubai, Mohammed bin Rashid al-Maktoum.

David Haigh ist nämlich nicht nur Anwalt und Ex-Manager des Fussballclubs Leeds United. Vor allem ist er ein scharfer Kritiker des autokratischen Regimes in Dubai. Nachdem er von einem Gericht 2015 wegen Unterschlagung von Geld seines früheren Arbeitgebers – eine Tat, die Haigh bestreitet – verurteilt worden war, sass er 22 Monate in Dubai im Gefängnis, wo er nach eigenen Angaben gefoltert und vergewaltigt wurde.

Undatiertes Bild von Prinzessin Latifa. Ihre letzte Flucht scheiterte 2018. Ihr Ziel war Sri Lanka.

Nach seiner Freilassung engagierte er sich bei der Nichtregierungsorganisation «Detained International» – und setzte sich vor allem für Latifa bint Mohammed al-Maktoum ein, die Tochter des Herrschers von Dubai. Sie hatte mehrmals versucht, aus dem Emirat zu fliehen. Ihre letzte Flucht scheiterte im Jahr 2018, als Soldaten eine Jacht stürmten, auf der sie zusammen mit einer Freundin und einem französischen Ex-Geheimdienstler nach Sri Lanka türmen wollte.

Einige Tage bevor sein Handy 2020 mit Pegasus-Technologie angegriffen wurde, hatte Haigh noch mit Prinzessin Latifa kommuniziert. Über ein Handy, das ihr Helfer in jene Villa geschmuggelt hatten, in der sie nach eigenen Angaben seit ihrer missglückten Flucht festgehalten wurde, hatte sie ihm verzweifelte Nachrichten geschickt. Unter anderem, so berichtet Haigh, habe sie ein Video aufgenommen, das später die BBC ausgestrahlt hat. «Ich bin eine Geisel», klagte Latifa bint Mohammed al-Maktoum darin. Sie fürchte um ihr Leben.

Am 21. Juli 2020 brach die Kommunikation ausweislich eines Screenshots ab. Prinzessin Latifa antwortete nicht mehr. Womöglich hatten ihre Bewacher das eingeschmuggelte Handy gefunden.

«Das ist ein Angriff eines despotischen Regimes auf die Menschenrechte.»

David Haigh, Anwalt von Prinzessin Latifa

Zwei Wochen später erfolgte dann der Spähangriff auf David Haighs iPhone. Wer dahintersteckt, lässt sich anhand der forensischen Untersuchung, die Amnesty International im Zuge der sogenannten Pegasus-Projekt-Recherchen durchgeführt hat, nicht nachvollziehen. An den Recherchen sind verschiedene Medien beteiligt, darunter die «Süddeutsche Zeitung». Haigh vermutet die Behörden aus Dubai dahinter. Es handle sich um den «Angriff eines despotischen Regimes auf die Menschenrechte». Von der britischen Regierung fordert er Sanktionen.

Die Behörden von Dubai liessen eine Anfrage unbeantwortet. Auch Scheich Mohammed bin Rashid al-Maktoum wollte sich nicht äussern. Hacking-Vorwürfe hat er stets zurückgewiesen. Der Hersteller der Pegasus-Software, die israelische NSO Group, hat jüngst mitgeteilt, auf Presseanfragen nicht mehr zu reagieren. Wie aus dem Umfeld des Unternehmens zu hören ist, wurde ein Vertrag mit Behörden in Dubai im vergangenen Jahr aufgekündigt – wegen Bedenken, dass Menschenrechte verletzt würden.

Damit wächst der Druck auf den Scheich von Dubai. Kritiker prangern regelmässig Menschenrechtsverletzungen in seinem Reich an. Im Sorgerechtsstreit vor einem Londoner Gericht warf Maktoums Ex-Frau Haya bint al-Hussein ihm zuletzt vor, zwei seiner Töchter entführt zu haben – was der Scheich dementiert. Eine weitere Tochter – die damals elfjährige Jalila – wiederum wollte er nach Angaben seiner Ex-Frau mit dem saudiarabischen Kronprinzen Muhammed bin Salman verheiraten: jenem Mann, der hinter der Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi stecken soll.

Zahlreiche Nummern auf der Liste

Auf einer Liste potenzieller Pegasus-Ausspähziele taucht auch eine Handynummer von Maktoums Ex-Frau auf. Ebenso die Nummer ihres Pferdetrainers, ihres Assistenten, mehrerer Sicherheitsleute – und die eines ihrer Anwälte. Scheich Maktoum liess dazu erklären, dass er weder versucht habe, die Telefone zu hacken, noch dies beauftragt habe.

Womöglich schliesst sich an dieser Stelle der Kreis zu David Haigh. Der nämlich war zu jener Zeit, als sein Handy ausgespäht wurde, in Kontakt mit den Anwälten der Ex-Frau des Scheichs.