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Repression in RusslandSchikaniert, zwangseingewiesen, unbeugsam

Violetta Grudina: Die junge Juristin wird unter einem Vorwand in einer Klinik festgehalten.

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Violetta Grudina isst seit Montag nicht mehr. Man hat ihr trotzdem Brot mit Butter hingestellt, eine Schüssel mit gelbem Brei, ein dunkles Getränk, vielleicht Tee. Grudina filmt mit ihrem Handy, während sie das Tablett wieder aus dem Klinikzimmer trägt. Auf dem Video sieht man nur ihre lilafarbenen Schlappen, hört ihre Stimme: «Verhöhnen Sie mich?», fragt die Aktivistin. «Macht nichts. Das wird zurückgeliefert.»

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Ihr Hungerstreik ist nicht der Grund dafür, dass die 31-Jährige im nordrussischen Murmansk im Krankenhaus liegt. Es ist eher andersherum: Grudina protestiert gegen ihre Zwangseinweisung. Ein Gericht entschied Mitte Juli, dass Grudina die Corona-Quarantäneregeln verletzt haben soll. Dabei hatte sie zwei Tage vor dem Urteil noch einen negativen Covid-Test vorgelegt.

«Denken Sie nur darüber nach», schrieb sie damals auf Telegram, «ein völlig gesunder Mensch wird unter Zwang ins Krankenhaus eingewiesen, nur um ihn als politischen Gegner für Einiges Russland zu eliminieren.»

Die Tür ihres Büros war mit einem Hakenkreuz verschmiert.

Einiges Russland heisst die Kremlpartei, gegen die Grudina bei den Wahlen im September antreten will. Die Anhängerin des inhaftierten Oppositionellen Alexei Nawalny möchte für einen Sitz im Murmansker Stadtrat kandidieren. Nur deswegen liege sie jetzt auf der Covid-Station, glaubt sie.

Solange Grudina dort isoliert ist, kann sie ihre Unterlagen nicht bei der Zentralen Wahlkommission einreichen. Sie hatte zwar das Krankenhaus gebeten, die Dokumente für sie weiterzuleiten. Doch der Chefarzt der Klinik will selber kandidieren – für die Kremlpartei. Ihr Antrag sei nie angekommen, klagt Grudina. Deswegen jetzt der Hungerstreik.

Hass ist schlimmer als Schläge

Die Juristin ist Schikanen gewohnt, doch zuletzt waren die besonders schlimm: Ein Unbekannter überfiel sie auf der Strasse. Sie sagt, der Hass habe ihr damals mehr wehgetan als die Schläge. Sie fand Flugblätter in ihrem Briefkasten, darauf wurde sie als Kinderschänderin beschimpft. Die Tür ihres Büros war mit einem Hakenkreuz beschmiert, der Raum dahinter verwüstet.

Im Mai sagte Grudina in einem Interview, Russland sei ein «totalitärer Staat mit Elementen einer Monarchie, in der es nur einen Herrscher gibt: Wladimir Putin». Dieser habe Angst vor ihr und ihren Mitstreitern, und nicht andersherum.

Sie meint damit das Team von Alexei Nawalny. Inzwischen hat ein Moskauer Gericht Nawalnys Organisationen als «extremistisch» eingestuft, alle regionalen Büros sind geschlossen worden.

Violetta Grudina führt ihren Wahlkampf dennoch weiter. Sie war schon politisch engagiert, bevor sie sich Nawalny anschloss. Ihre Homosexualität habe sie 2013 in die Politik gebracht, sagt sie, damals verabschiedete die Duma ein diskriminierendes Gesetz gegen «homosexuelle Propaganda».

Grudina studierte Jura, engagierte sich in einem Antidiskriminierungszentrum, setzte sich gegen Hass in den Medien ein.

Was Corona angeht, fühlte sie sich Mitte Juni tatsächlich krank, blieb zu Hause, rief einen Arzt. Als ihr Covid-Test damals positiv ausfiel, weitete Grudina die Selbstisolation auf 14 Tage aus. Trotzdem wurde ein Strafverfahren gegen sie eingeleitet, weil sie die Quarantäneregel verletzt haben soll.

Als der Krankenwagen sie abholte, um sie in die Klinik zu bringen, hat Violetta Grudina wieder gefilmt: «Meine Kutsche ist gekommen», sagt sie und steigt ein.