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EU verärgert Airlines Flüge ohne Passagiere drohen

Um sich die besten Start- und Landezeiten an EU-Flughäfen zu sichern, muss die Swiss im Winter mindestens 50 Prozent der Flüge durchführen, egal, ob Passagiere mitfliegen oder nicht.

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Im Gegensatz zu anderen Airline-Vertretern fällt Willie Walsh nicht durch markige Sprüche auf wie etwa sein irischer Landsmann und Ryanair-Chef Michael O’Leary. Doch die jüngste Entscheidung der EU-Kommission lässt den Chef des Dachverbands der Fluggesellschaften Iata dann für seine Verhältnisse doch ziemlich verbal entgleisen: «Die EU hat den Bezug zur Realität verloren», sagt Walsh.

Dabei hat die Kommission eigentlich nur eine diesen Sommer geltende Regelung verlängert. Es geht dabei um die Nutzung der Slots, also der Start- und Landezeiten an Flughäfen. Diese sind fix an Airlines vergeben, damit diese den Flugplan gestalten und an das Netzwerk anpassen können. In normalen Zeiten müssen 80 Prozent dieser vergebenen Startzeiten auch genutzt werden, ansonsten werden diese Slots neu vergeben. «Use it or lose it», heisst die Regel, «Benutze sie oder verliere sie». Und Interessenten für die besten Zeiten gibt es meist mehr als genügend, nicht umsonst gelten die Slots als Gold der Branche. Wer sich einmal Zeiten ergattert hat, die auch für die Passagiere attraktiv sind, gibt diese nicht mehr gern her.

Willie Walsh führte British Airways und Iberia durch die Krise und präsidiert nun den Dachverband der Fluggesellschaften Iata. Er fordert eine tiefere Slot-Quote von der EU.

Im ersten Corona-Jahr 2020 wurde die Slot-Regelung nach dem März-Lockdown komplett gestrichen, die Flugindustrie lag am Boden, es war klar, dass keine Fluggesellschaft noch 80 Prozent ihrer Flüge durchführen konnte. Bis in den März 2021 gab es keine Vorschriften, danach führte die EU wieder eine Quote ein, bei 50 Prozent. Dies schaffen die Airlines nun knapp, im Sommer hat das Fluggeschäft wieder angezogen, vor allem innerhalb Europas. Auch an Schweizer Flughäfen sind für die Feriensaison im Vergleich zu 2019 rund die Hälfte der Passagiere zurück.

Swiss: Leere Flüge drohen

Die Luftfahrt ist damit aber von einer Entspannung noch weit entfernt, denn normalerweise läuft das System im Sommer nicht auf halber Stufe, sondern platzt aus allen Nähten. So können sich die Fluggesellschaften dann auch erlauben, im Winter etwas weniger zu fliegen, weil die Nachfrage schlicht nicht mehr so gross ist, und ihre Slots trotzdem sichern. Nun will die EU aber auch ab November, wenn der Winterflugplan gilt, diese 50-Prozent-Quote beibehalten. Für die Airlines ist dabei klar, wenn sie dies im Sommer schon nur mit Müh und Not schaffen, wie soll das dann im viel schwächeren Winter aufgehen?

Die Antwort ist: mit leeren Flügen. Die Flugzeuge werden auch ohne Passagiere von A nach B und wieder zurück fliegen müssen, nur um die Slots zu sichern. Das kostet die finanziell angeschlagenen Airlines Geld und das verursacht unnötigen CO₂-Ausstoss. Für Willie Walsh ist deshalb klar, mit dem Festhalten an dieser 50-Prozent-Regel hat die EU den Bezug zur Realität verloren. Im Vergleich zum Winter 2019 rechnet Walsh nun mit 34 Prozent Flugbewegungen, eine Quote von 30 Prozent, um die Slots zu erhalten, ist für ihn damit das höchste der Gefühle.

So könnte das im Winter aussehen: Ein leerer Airbus A220, hier noch bei der Flugzeugvorstellung im Jahr 2016.

Auch die Swiss wehrt sich gegen die 50-Prozent-Pläne der EU, mit etwas diplomatischeren Worten: «Das ist aus unserer Sicht keine praktikable Lösung», sagt Medienchefin Karin Müller der «Aargauer Zeitung». Sie bestätigt, dass es auch in diesem Winter eine tiefere Quote benötigt, da ansonsten leere Flüge drohen. Noch hoffe man aber auf eine sinnvollere Lösung, wie dies ausserhalb der EU der Fall sei.

Dafür muss man nicht allzu weit suchen, schon Grossbritannien hat eine wesentlich Airline-freundlichere Regelung gefunden. So können Fluggesellschaften alle Slots, die sie für den Winter nicht benötigen, temporär zurückgeben. Im März 2022 erhalten sie die Zeiten dann zurück. Die restlichen Slots müssen aber zu 50 Prozent genutzt werden. Die Airlines haben so die Möglichkeit, auf die derzeit im Winter unrentablen Strecken nochmals für eine Saison zu verzichten, ohne die Rechte für die erwartete Passagierzunahme im Jahr 2022 zu verlieren.

Flughäfen brauchen Landegebühren

Die Flughäfen sind über solche Ausnahmeregelungen hingegen weniger erfreut. Sie verdienen ihr Geld unter anderem mit Landegebühren, auch für die Stellplätze müssen die Airlines zahlen. Ohne Flugzeuge gibt es für die Flughäfen auch viel weniger bis praktisch keine Einnahmen. Der Flughafenrat ACI Europe begrüsst daher die 50-Prozent-Quote der EU. Während der Pandemie seien vor allem die Airlines in den Genuss von staatlicher Unterstützung gekommen, die Flughäfen aber kaum, moniert ACI-Chef Oliver Jankovec. Man habe überproportional stark unter der Krise gelitten und eine Erholung sieht er erst ab 2025 eintreten.

Jankovec sieht die Impffortschritte in Europa, die Lockerungen in vielen Ländern und die damit einhergehende Normalisierung als Zeichen, dass auch die Fluggesellschaften «die grünen Triebe der Erholung nutzen und darauf aufbauen» können. Es brauche nun auch Stabilität in der Luftfahrt, um den Aufschwung wieder einzuleiten.

Billigairlines wollen die Slots

Auch einige Fluggesellschaften sind auf seiner Seite und begrüssen die Slot-Regel der EU. Allen voran die Billigairlines Ryanair und Wizz, die sich seit Jahren um bessere Slots bemühen, um ihren Passagieren attraktivere Angebote machen zu können. Sie sehen nun ihre Chance gekommen, um sich im Winter zu bedienen, wenn die etablierten Passagierbeförderer ihre Startzeiten aus Kostengründen nicht mehr bedienen und somit abgeben müssten. Sie sollen Platz machen für die stärkere Konkurrenz, sagen sie selbstbewusst.

Ryanair-Chef Michael O’Leary kämpft gegen die Dominanz der etablierten Fluggesellschaften und nutzt dafür die gesamte Macht der Sprache.

Oder, wie es der irische Ryanair-Chef Michael O’Leary gegenüber der «Financial Times» mit seiner markigen Sprache sagt: Die «Crack-Kokain-Staatshilfen-Junkies» würden Slots horten und damit die Erholung der Luftfahrt verhindern. Diese hat in ihrer Analyse Verständnis für die Billigairlines und die Flughäfen und schreibt, dass wenn alle Seiten mit einer Lösung nicht zufrieden sind, wohl ein passabler Kompromiss vorliegen könnte.

Slotcoordinator ist zuversichtlich

So tönt es auch beim Schweizer Slotcoordinator Peter Dellenbach, aus Gründen der Überparteilichkeit will er die EU-Regelung im Interview mit Travel Inside zwar nicht bewerten und verweist auf die Argumente der beiden Seiten. Eine Gefahr von leeren Flügen sieht er allerdings nicht. Er zeigt sich zuversichtlich, dass die 50-Prozent-Quote eingehalten werden könne. Andernfalls gebe es für die Airlines auch noch andere Möglichkeiten, ihre Slots zu sichern, sagt er. Wenn beispielsweise Grenzschliessungen oder Quarantäne-Bestimmungen Flüge verhindern, dann sei das eine «gerechtfertigte Nicht-Nutzung». «Die Fluggesellschaften haben hier noch einige Möglichkeiten, ihre historischen Slotrechte trotzdem zu erhalten», sagt Dellenbach.

In der Schweiz mussten bisher keine Slots wegen der Pandemie abgetreten werden und es gab seines Wissens auch noch keine leeren Flüge, erklärt der Slotcoordinator. Deshalb erwarte er, dass dies auch künftig so sein werde. Zumindest hierzulande sei auch die Nachfrage nach Startzeiten im Moment «sehr beschränkt» – das betrifft die Flughäfen Genf und Zürich, Basel ist nicht slotkoordiniert.