Impfdurchbruch - 18 Menschen trotz vollständiger Impfung an Corona verstorben

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Impfdurchbruch18 Menschen trotz vollständiger Impfung an Corona verstorben

Wegen der Delta-Variante nimmt der Impfschutz ab. In der Schweiz gab es bislang 300 Fälle von Infektionen trotz vollständiger Immunisierung. Braucht es die dritte Impfung früher als geplant?

Darum gehts

  • Neue Daten aus Israel zeigen, dass die Schutzwirkung der Impfungen bei der Verbreitung und milden Verläufen relativ schnell abnimmt.

  • Das wirft die Frage auf, ob eine dritte Impfung zur Auffrischung des Schutzes nötig wird.

  • In der Schweiz werden aber frühestens ab 2022 Booster-Impfungen verfügbar sein.

Neueste Zahlen des Bundesamts für Gesundheit, die 20 Minuten vorliegen, zeigen: Seit Beginn der Impfkampagne bis zum 22. Juli kam es in der Schweiz zu 300 Impfdurchbrüchen, also Infektionen, die 14 Tage nach der zweiten Impfung stattgefunden haben. In 78 Fällen musste der oder die Erkrankte hospitalisiert werden, 18 Personen sind trotz vollständigem Impfschutz an Covid-19 verstorben. Insgesamt wurden bis am 21. Juli 8’747’637 Impfdosen verabreicht, 3’985’251 Schweizerinnen und Schweizer sind vollständig geimpft.

Dazu kommt eine Dunkelziffer, wie BAG-Mediensprecher Daniel Dauwalder sagt: «Die Zahl der Fälle ist eine Unterschätzung, weil es Personen mit Impfdurchbrüchen gibt, die weder in einem Spital noch ambulant erfasst wurden. Die Zahlen liegen deshalb etwas höher.» Dauwalder betont, es handle sich um eine Momentaufnahme und trotz dieser Unschärfe seien die Fälle von vollständig Geimpften, die sich wieder infizieren, gering.

Impfschutz nimmt ab

Ein Blick ins Impf-Vorreiterland Israel zeigt ein ähnliches Bild: Daten aus dem Zeitraum vom 20. Juni bis 17. Juli zeigen, dass die Wirksamkeit der Corona-Impfstoffe mit der Zeit deutlich abnimmt. Der Impfschutz beträgt derzeit nur noch 39 Prozent für Übertragungen, 40,5 Prozent für symptomatische Erkrankungen und 91,4 Prozent für schwere Verläufe.

Die Zahlen zeigen auch: Je früher jemand geimpft wurde, desto geringer ist heute sein oder ihr Impfschutz. Die Daten stammen aus einer Zeit, in der sich die Delta-Variante in Israel verbreitete, die in der Schweiz gemäss neusten Schätzungen des BAG mittlerweile 94 Prozent der Infektionen ausmacht.

Schutz gegen leichte Erkrankungen nimmt ab

Laut dem Basler Kantonsarzt Thomas Steffen wirken die Impfungen bei der Verhinderung schwerer Verläufe nach wie vor gut. «Das zeigt sich auch in der Schweiz im Moment in der nach wie vor tiefen Hospitalisationsquote.» Zu beobachten sei aber ein verminderter Schutz vor Infektionen und vor leichteren symptomatischen Erkrankungen.

Die Gründe dafür sind laut Steffen vielschichtig, die Daten liessen noch keine abschliessenden Interpretationen zu. «Ein zentraler Grund dürfte aber die Ausbreitung der Delta-Variante sein. Sie ist ansteckender und breitet sich stärker aus.» Gleichzeitig seien in verschiedenen Ländern die Schutz- und Hygienemassnahmen aufgehoben worden, was zu einem zunehmenden Druck des Virus führe.

Braucht es bald Booster-Impfungen?

Insbesondere aufgrund der Delta-Variante wird die Frage nach Booster- oder Auffrischungsimpfungen wieder vermehrt diskutiert. «Wann kommen Booster-Impfungen für alle in der Schweiz, die wollen?», fragt etwa der Anwalt Martin Steiger auf Twitter.

Biontech und Pfizer arbeiten bereits an einer angepassten Impfung, um den Impfschutz gegen die Delta-Variante zu verbessern. Sie wollen in den kommenden Wochen in Europa und den USA die Zulassung beantragen. In der Schweiz sind gemäss Swissmedic-Mediensprecher Lukas Jaggi bisher noch keine Daten zu Auffrischungsimpfungen zur Prüfung eingereicht worden.

Laut Steffen wird eine Drittimpfung derzeit «generell noch nicht empfohlen». Die Situation werde diesbezüglich aber genau analysiert. «Es ist gut möglich, dass in den kommenden Monaten hier erweiterte Empfehlungen kommen werden», sagt der Kantonsarzt. Eine erste Anpassung wurde bereits am vergangenen Mittwoch vorgenommen (siehe unten).

Booster-Impfungen in der Schweiz wohl erst 2022

Bis hierzulande Booster-Impfungen zur Verfügung stehen, dürfte es also noch dauern. Im Mai kündigte Gesundheitsminister Alain Berset an, dass die Schweiz sieben Millionen Dosen Auffrischungsimpfungen von Moderna bestellt habe für Anfang 2022. Und, falls nötig, weitere sieben Millionen im Verlauf des Jahres.

Mitarbeit: Pascal Michel

Erste Patienten erhalten die dritte Impfung schon

Am letzten Mittwoch, 21. Juli, hat die Eidgenössische Kommission für Impffragen (EKIF) ihre Empfehlungen für mRNA-Impfstoffe gegen Covid-19 für die Zielgruppe der Personen mit schwerer Immundefizienz angepasst. Der Sammelbegriff Immundefizienz umfasst unterschiedliche Erkrankungen des Immunsystems, die gekennzeichnet sind durch eine vorübergehende oder dauerhafte Schwächung der Abwehrfunktion. «Patientinnen und Patienten mit einem schweren Immundefizit sollten also die Situation mit ihrem behandelnden Arzt oder ihrer behandelnden Ärztin besprechen. Diese können Patientinnen und Patienten, bei denen aus medizinischer Sicht eine dritte Impfung angezeigt ist, eine solche impfen oder impfen lassen», sagt Thomas Steffen. Gemäss EKIF-Präsident Christoph Berger ist die Auffrischungsimpfung ansonsten noch nicht zugelassen. «Es ist auch noch nicht festgesetzt, wann sie kommen wird. Wir brauchen zuerst Daten zu schweren Infektionen bei vollständig Geimpften.»

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