Interesse an Gesundheitsdaten - Chefs wollen wissen, wer geimpft ist

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Interesse an GesundheitsdatenChefs wollen wissen, wer geimpft ist

Die Unternehmen interessieren sich derzeit sehr für den Covid-Impfstatus ihrer Belegschaft. Betroffene berichten, wie ihre Chefs versuchen an die Daten zu kommen – und wie sie darauf reagieren.

Darum gehts

  • Viele Angestellte werden von ihren Chefs nach dem Impfstatus gefragt.

  • Das führt zu Missmut unter den Belegschaften. Sie fühlen sich in ihren Persönlichkeitsrechten eingeschränkt.

  • Andere Firmen setzen weiterhin auf ihre Schutzkonzepte.

Der Impfstatus ist derzeit in aller Munde – auch in der Arbeitswelt: So machte in der Versicherungsagentur Mobiliar Horgen ein internes Mail die Runde, das viele Mitarbeitenden verunsicherte. Sie wurden darin ausgefragt, ob sie bereits geimpft seien oder einen Termin für die Impfung in den nächsten Wochen haben. Der Grund: Die Generalagentur plane auf Anfang Juli einen internen Anlass. «Die Mail-Umfrage, welche Mitarbeitenden bereits geimpft seien, diente der Einschätzung der Lage und der Überprüfung des Schutzkonzeptes», bestätigt Mobiliar-Sprecher Jürg Thalmann.

Die Umfrage sei aus Gründen der Fürsorgepflicht der Arbeitgeberin und des Gesundheitsschutzes der Mitarbeitenden erfolgt. Thalmann: «Die Beantwortung der Umfrage war freiwillig.» Für die Angestellte I.D.* ist dies ein fadenscheiniges Argument. «Ich denke, es geht weniger um ein Grillfest, sondern darum, die Leute möglichst schnell wieder aus dem Homeoffice zu kriegen», sagt sie gegenüber 20 Minuten. Auch dass die Umfrage auf freiwilliger Basis stattfand, bestreitet die Versicherungsangestellte. «Im Gespräch mit dem Chef wurde schnell klar, dass er kein Nein akzeptiere.» Um keinen weiteren Aufruhr zu verursachen, hätten daraufhin viele Mitarbeitenden ihren Impfstatus preisgegeben. «Ich hatte dabei ein komisches Gefühl. Ganz legal kann das doch nicht sein», sagt D.

«Meine Gesundheitsdaten gehen meinen Chef nichts an»

Eine ähnliche Erfahrung hat auch H.H.* gemacht. Er ist im Aussendienst bei Oswald, einem Sub-Unternehmen von Unilever, tätig. «Wir bekommen alle zwei bis drei Wochen eine Mail mit einer Umfrage, ob man geimpft sei.» In einem Meeting habe es geheissen, dass die Umfrage von Unilever gewünscht werde und obligatorisch sei. Bisher hat sich H. geweigert, an der Umfrage teilzunehmen. Er sei zwar bereits geimpft, aber werde so etwas nie ausfüllen. «Meine Gesundheitsdaten sind persönlich und gehen meinen Chef nichts an» sagt er.

Darf mich mein Chef nach dem Impfstatus fragen?

In einem Interview mit 20 Minuten erläutert Arbeitsrechts-Spezialist Nicolas Facincani, dass es weder ein allgemeines Fragerecht noch eine allgemeine Impfpflicht am Arbeitsplatz gibt. Bei gewissen Berufen wie Piloten oder Pflegepersonal sei dies jedoch zulässig, da die Impfung in diesen Fällen Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis haben kann. Das ausführliche Gespräch kann man hier lesen: «Ein Fragerecht zur Impfung gibt es nicht».

Laut Oswald-Geschäftsführer Christophe Schmidt verlange die Firma von ihren Arbeitnehmern keine Auskunft darüber, ob sie getestet oder geimpft seien. «Falls innerhalb einzelner Teams gefragt wird, ob Mitarbeitende getestet oder geimpft sind, ist es diesen freigestellt, diese Information herauszugeben.» Auch Unilever-Sprecherin Nadja Kleszcz sagt: «Es gab und gibt zu keiner Zeit eine Pflicht für Mitarbeitende, Auskünfte über den Impfstatus zu geben.»

Flugreisen bald nur noch mit Impfnachweis?

Keinerlei Problem damit, über seine Impfung ausgefragt zu werden, hat der Maschinenmonteur D.G.*. «Meine Chefs wollen wissen, ob ich die Covid-Impfung mache und habe. Unsere Kunden verlangen das.» Denn für seinen Job sei G. sehr häufig im Ausland unterwegs. In der internationalen Maschinenbaubranche seien ausgedehnte Gesundheitschecks schon vor Corona Normalität gewesen. «Schliesslich muss mir mein Arbeitgeber auch die Sicherheit und Gesundheit gewährleisten», sagt der Monteur. Für ihn sei der Nachweis der Impfung eine grosse Erleichterung und er hofft, dass so die Geschäftsreisen weniger Tests und administrativen Aufwand bedeuten.

Wie handhaben dies andere Schweizer Grossfirmen in der Gastrobranche oder dem Personenverkehr? Die Swiss geht davon aus, dass gewisse Länder in Zukunft die Einreise von einem Impfnachweis abhängig machen werden. Es sei aber noch unklar, ob dies nur für die Fluggäste oder auch für das Personal gelten werde. Trotzdem: «Einen verbindlichen Impfnachweis für ihre Fluggäste und Mitarbeitenden sieht Swiss aktuell nicht vor», sagt Michael Stief, Mediensprecher der Swiss. «Derzeit prüfen wir, ob wir eine freiwillige Impfstatus-Abfrage unserer Mitarbeitenden einführen werden.»

Impfen während der Arbeitszeit

Ähnlich klingt es bei der SBB: «Es gibt keine Impfpflicht für SBB Mitarbeitende», sagt SBB-Sprecher Martin Meier. Und: «Eine Auskunftspflicht darüber besteht aus arbeitsrechtlicher Sicht nicht.» Zum Schutz der Mitarbeiter gelten jedoch weiterhin die SBB-Schutzkonzepte, die auf den jeweiligen Arbeitsbereich abgestimmt sind.

Auch die Fastfood-Kette McDonalds will laut ihrer Mediensprecherin Jae Ah Kim von den Angestellten keinen Impfnachweis sehen. «Beim Impfstatus handelt es sich um eine persönliche und individuelle Entscheidung, die wir als Arbeitgeber respektieren. Wir vertrauen weiterhin auf unser Schutzkonzept.» Wenn sich ein Mitarbeitender impfen lassen möchte, habe McDonalds gegenüber ihren Lizenznehmern die Empfehlung ausgesprochen, dies auch während der Arbeitszeit zu ermöglichen.»

*Namen der Redaktion bekannt.

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