Gipfeltreffen in Genf - Wie soll Guy Parmelin mit Wladimir Putin reden?

Aktualisiert

Treffen in Genf Wie soll Parmelin mit Autokrat Putin reden?

Am Mittwoch trifft der Bundesrat auf den russischen Präsidenten Putin. In der Politik hat man grosse Erwartungen an das Treffen, doch ein Ex-Diplomat schätzt den Einfluss der Schweiz als gering ein.

Darum gehts

  • Die Regierung verspricht sich viel vom Treffen mit Präsident Putin am Mittwoch.

  • Im Umgang mit Putin dürfe Parmelin kein Blatt vor den Mund nehmen, sagen Politiker.

  • Das Treffen habe aber vor allem symbolische Bedeutung, so ein Ex-Diplomat.

Nach dem Treffen des Bundesrates mit US-Präsident Joe Biden steht für Bundespräsident Guy Parmelin ein bilaterales Gespräch mit Wladimir Putin an. Die Regierung verspricht sich viel davon. Im Vordergrund des Gesprächs soll die nachhaltige Stärkung der Wirtschaftsbeziehungen und die enge Zusammenarbeit in Bildung und Forschung mit Russland stehen, heisst es in einer Mitteilung (siehe Box).

Aus Sicht der USA ist Umgang mit Präsident Putin eine diplomatische Herausforderung. Während US-Präsident George W. Bush Putin noch in seine Ranch zum Barbecue eingeladen hatte, hat sich die Beziehung unter Obama und nach Antritt von Biden drastisch verschlechtert. Die Beziehung zu den USA sei jetzt auf dem tiefsten Punkt seit Jahren, sagte Putin kürzlich in einem Interview zu NBC News.

Trotz der angespannten Lage brauche es einen direkten Ton im Umgang mit Putin, meint SP-Nationalrat Fabian Molina, Co-Präsident der parlamentarischen Freundschaftsgruppe Schweiz-Russland. Dass die USA und Russland sich in Genf treffen, sei eine Anerkennung für die Schweiz. Diese müsse aber genutzt werden. Jetzt müsse Parmelin Klartext reden. «Putin muss deutlich gezeigt werden, dass die Schweiz es nicht toleriert, wenn Russland Menschenrechtskonventionen nicht akzeptiert und überschreitet. Auf diesem Punkt müssen wir beharren.» Gleichzeitig müsse Russland aber ein Weg hin zu besseren Beziehungen aufgezeigt werden und die Schweiz müsse alles unternehmen, dass auch zwischen den USA und Russland ein guter Dialog entstehe. «Dann können wir von Erfolg sprechen», so Molina.

Nachsehen für Russland

Laut SVP-Nationalrat Roland Rino Büchel, ebenfalls Co-Präsident der parlamentarischen Freundschaftsgruppe Schweiz-Russland, dürfe Parmelin kein Blatt vor den Mund nehmen. «Im direkten Gespräch kann man sehr ehrlich sein, am besten spricht unser Bundespräsident Parmelin unter vier Augen mit Putin oder zusammen mit Aussenminister Cassis und einem weiteren Vertreter Russlands unter acht Augen.» Kritik an Russlands Regime sei durchaus erlaubt, da die Schweiz eine neutrale Rolle im Weltgeschehen einnehme. Putin sei grundsätzlich offen für faire Kritik und wolle gute Beziehungen mit der Schweiz pflegen, ist Büchel überzeugt.

Im Vergleich zu den USA habe man mit Russland weniger bilaterale Probleme, ja gar eine bessere Beziehung. «Putin stellt uns in der Welt draussen nicht als Unrechtsstaat dar, so wie es Biden fälschlicherweise gemacht hat», so Büchel. Damit spielt er auf den Vorwurf von Joe Biden an, die Schweiz sei eine Steueroase. Das sagte der US-Präsident Mitte April an seiner ersten Rede vor dem US-Kongress als Präsident der USA.

Einfluss der Schweiz werde überschätzt

Dass die beiden Länder die Schweiz als neutrales Terrain für ihr bilaterales Treffen benutzen, sei bereits ein Erfolg, sagt Ex-Diplomat Max Schweizer, der mehr als 30 Jahre lang weltweit die Interessen der Schweiz vertrat. «Russland nimmt sich extra Zeit, auch mit der Schweiz ein bilaterales Gespräch zu führen. Das ist ein Entgegenkommen und hat auch symbolische Bedeutung.»

Die Rolle der Schweiz dürfe man aber nicht überschätzen. «Im Vergleich zu den USA und Russland ist die Schweiz doch sehr klein und kann nicht mitbestimmen. Auch wenn sich gewisse Repräsentanten der Schweiz das vielleicht wünschen», so Schweizer. Falls an den politischen Beziehungen gearbeitet werde, dann entspreche das in erster Linie russischen Interessen und weniger denen der Schweiz.

Gute Dienste

Die Guten Dienste der Schweiz haben eine lange Tradition und spielen eine Schlüsselrolle in der Schweizerischen Friedenspolitik, schreibt das Eidgenössische Departement für Auswärtige Angelegenheiten. Die Schweiz unterstütze Konfliktparteien bei der Suche nach einer Verhandlungslösung. Sie stehe selber für Mediationen zur Verfügung oder unterstütze Verhandlungen und Mediationen anderer Staaten oder internationaler und regionaler Organisationen.

Im Völkerrecht und im Bereich der internationalen Beziehungen bezeichnet der Begriff «Gute Dienste» nach UNO-Charta sämtliche diplomatischen und humanitären Initiativen eines Drittlandes oder einer neutralen Institution, deren Ziel die Beilegung eines bilateralen oder internationalen Konfliktes oder deren Überbrückung ist.

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