Spitaldirektoren in Bern - «Der Impfturbo ist gezündet»

Spitaldirektoren in Bern«Der Impfturbo ist gezündet»

Die Universitätsspitäler Basel, Bern, Genf, Lausanne und Zürich haben am Donnerstag eine Medienkonferenz abgehalten. Das sagten sie zur Impfkampagne und der bisher ausbleibenden dritten Corona-Welle.

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Donnerstag, 06.05.2021

Zusammenfassung

Die Universitätsspitäler Basel, Bern, Genf, Lausanne und Zürich haben eine erste Bilanz zur Corona-Situation in der Schweiz gezogen. Sie machten folgende Aussagen:

  • Die Schweiz habe dank ihrem leistungsfähigen Gesundheitssystem und der gut ausgebauten Versorgung auf einen harten Lockdown verzichten können, so die Spitäler.

  • Die Spitäler sind in diesem Jahr aber personell wie auch finanziell an ihre Belastungsgrenzen gelangt.

  • Die bestehenden intensivmedizinischen Kapazitäten wurden von 228 auf 378 Betten ausgebaut. Das ist ein Plus von rund 65 Prozent.

  • Dass dieser Ausbau notwendig war, zeige die Belegung von maximal 208 Betten allein durch Covid-Patienten im November 2020, sagen die Spitäler.

  • Insgesamt wurden 2020 in den fünf Universitätsspitälern 8'153 Covid-Patienten stationär betreut, davon 1'295 auf der Intensivstation. 922 der Patienten wurden künstlich beatmet.

  • Allein im Jahr 2020 wurden 232 Forschungsprojekte der Spitäler zu Sars-Cov-2/Covid-19 lanciert.

  • Der Ertragsausfall aller fünf Universitätsspitäler betrug 2020 im stationären Bereich 202 Millionen Franken, dazu kamen Covid-spezifische Personal- und Sachaufwände von 340 Millionen Franken.

  • Die Kantone steuerten 2020 rund 357 Millionen Franken bei, um die Covid-bedingten Ertragsausfälle und Mehraufwände abzufedern. Trotz dieser Zuwendungen resultierte für die fünf Universitätsspitäler ein Verlust von 86 Millionen Franken. Die Aussagen von Krankenversicherern, wonach Covid-19 auf Erträge der Spitäler 2020 keinen Einfluss hatte, treffen auf die fünf Universitätsspitäler nicht zu.

  • Von den schweizweit rund 19'500 stationären Covid-Fällen wurden 8153 in den Universitätsspitälern behandelt. Die fünf Universitätsspitäler behandelten rund 40 Prozent der stationären Covid-Fälle. Bei den übrigen stationären Fällen beträgt dieser Anteil knapp 20 Prozent.

  • Durch diese hohe Auslastung sind die Behandlungen der übrigen Patienten wegen Covid-19 deutlich zurückgegangen: 2020 wurden rund 20’000 stationäre Fälle weniger behandelt als im Jahr 2019, namentlich in den chirurgischen Disziplinen.

  • Damit die Universitätsspitäler auch in Zukunft die Infrastruktur und den heutigen klinischen Standard gewährleisten können, brauche es in den Finanzierungssystemen zwingend eine separate Betrachtung der Universitätsspitäler bei der Festlegung der Baserate und eine differenzierte Abgeltung im SwissDRG.

Medienkonferenz ist fertig

Die Medienkonferenz in Bern ist fertig. Danke fürs Mitlesen.

Wann wird das Spitalpersonal geimpft?

«In Basel können wir unser Personal mit direktem Patientenkontakt bis etwa in zwei Wochen mindestens einmal impfen», sagt Werner Kübler. Im Spital Bern sind laut Jocham über 50 Prozent der Belegschaft geimpft.

Wie decken die Spitäler die Verluste?

Das sei je nach Spital unterschiedlich, sagt Kübler, Direktor des Universitätsspitals Basel. «In Basel haben wir zum Glück ein grosses Eigenkapital und können den Verlust tragen.» Einige Kantone erhielten einen Beitrag an den Mehrkosten. Diese konnten die Verluste aber nicht verhindern.

Fragerunde

Nun können die anwesenden Medienschaffenden Fragen stellen.

«Covid ist noch nicht vorbei»

«Covid ist noch nicht vorbei», sagt Jocham. Und neue Infektionskrankheiten könnten jederzeit pandemisch werden. Darum sei es umso wichtiger, dass die Leistungsfähigkeit der Schweizer Spitäler auch in Zukunft gesichert sei.

Medienkonferenz der Universitätsspitäler am 06.05.21 (Uwe Jocham)

Medienkonferenz der Universitätsspitäler am 06.05.21 (Uwe Jocham)

20min/Simon Glauser

Spitäler machen Verlust

Finanziell haben die fünf Universitätsspitäler einen kumulierten Verlust von über 440 Millionen Franken erwirtschaftet. Ein Grund dafür sei die nötige Verschiebung von stationären Behandlungen, sagt Jocham.

«Impfturbo gezündet»

Die Universitätsspitäler machten insgesamt über 537'000 PCR-Tests. Ausserdem wurden über 100'000 Antigen-Tests durchgeführt. «Das Impfen ist unser Garant für den Weg aus der Pandemie heraus», sagt Jocham. Die fünf Spitäler hätten bereits über 150'000 Impfungen durchgeführt. «Der Impfturbo ist nun gezündet», sagt Jocham.

Weniger stationäre Behandlungen

Viele stationäre Behandlungen – etwa 20'000 Fälle in den 5 Spitälern – seien wegen Covid-19 ausgefallen, sagt Jocham.

«Alles unter einem Hut»

«Es gibt jetzt zwei Herren im Kanton Bern, die alles unter einen Hut bringen», scherzt Jocham. Er zeigt ein Foto von Bundesrat Alain Berset mit Hut – und zieht selbst einen an.

2000 Impfungen pro Tag

Am 2. Dezember habe man begonnen, ein Impfzentrum aufzustellen, sagt Jocham. Am 11. Januar sei dieses bereits in Betrieb genommen worden. Man wäre schon damals fähig gewesen, über 1000 Impfungen pro Tag zu verabreichen – es fehlte allerdings an Impfstoffen. Heute verabreiche das Spital rund 2000 Impfungen pro Tag.

100 Tests pro Tag

Nun spricht wieder Uwe E. Jocham, der Direktionspräsident der Insel Gruppe. Er bezeichnet das Universitätsspital Bern als «Drehscheibe in der Krise». Das Spital erbringe sowohl regional als auch kantonal eine grosse Koordinationsleistung. Täglich führe man aktuell rund 100 Corona-Tests durch.

Covid-19 führt auch zu Innovation

Covid-19 habe die Akteure im Spital zusammengeschweisst, sagt Zünd. Das Virus habe zudem die Digitalisierung vorangetreiben und zahlreiche Innovationen und Forschungsprojekte im Spital hervorgebracht.

Es fehlt an Fachpersonal

«Schlussendlich machen die Menschen den Unterschied» sagt Zünd. Entscheidend in einer Pandemie sei es, Daten früh zu sammeln und diese auch richtig auszuwerten. Die Krise habe aber klar gezeigt, dass es an Fachpersonal in der Schweiz fehle.

Internationale Zusammenarbeit

Zünd weist zudem auf die Datenbank «RISC-19-ICU-Registry» hin. Das Universitätsspital Zürich sei an dieser beteiligt. Es handle sich um die grösste Datensammlung in Europa zum Coronavirus.

Forschung am Unispital Zürich

Nun spricht Zünd über die Forschungsmassnahmen im Universitätsspital Zürich. Man habe früh aufzeigen können, wo sich das Virus im Körper lokalisiere. Dafür sei ein interdisziplinärer Ansatz nötig gewesen. Auch zu mRNA-Impfstoffen werde im Spital geforscht. Man habe über 300 Paper zum Coronavirus veröffentlicht, sagt Zünd.

Zürcher Sicht

Nun spricht Gregor Zünd, der CEO und Vorsitzende der Spitaldirektion des Universitätsspitals Zürich. Er erklärt, in welchen Bereichen das Spital überall mit den anderen Spitälern zusammenarbeiten musste.

Impfzahlen aus Genf

«Die Krise ist noch nicht fertig», sagt Levrat weiter. Das Spital verarbreichte bisher 5'558 erste Impfdosen von Pfizer/Biontech und 2224 von Moderna. Von Pfizer/Biontech wurden zudem 3782 zweite Impfdosen verabreicht, von Moderna 447. Der Direktor richtet einen Appell an die Bevölkerung: «Zögern Sie nicht, lassen Sie sich impfen.»

Verlust trotz Pandemie

«Wir fahren wegen der Krise einen Verlust», sagt Levrat. 2021 werde er sich wohl auf rund 110 Millionen Schweizer Franken belaufen.

Covid-Patienten werden jünger

Das Universitätsspital Genf führte 54 Recherche-Projekte zum Coronavirus durch. In der ersten Welle war die Mehrheit der Patienten 64 bis 75 Jahre alt, rund 26 Prozent. Aktuell sind die meisten Patienten zwischen 55 und 64 Jahre alt, rund 30 Prozent.

Kennzahlen aus Genf

Universitätsspital Genf im Krisenmodus

«Auch Bundesrat Berset hat uns gelobt», sagt Levrat. Laut dem Generaldirektor des Universitätsspitals Genf schaltete das Spital am 18. März 2020 in den Krisenmodus. Er habe schnell einen eigenen Sektor für Covid-Patienten geschaffen und in den letzten 12 Monaten 4078 Covid-Patienten behandelt.

Genfer Sicht

Nun spricht M. Bertrand Levrat, der Generaldirektor des Universitätsspitals Genf.

Schweiz schneidet gut ab

«Die Mortalität in den Schweizer Spitälern ist nicht so hoch wie im Ausland», sagt Kübler. Das Schweizer System für die Bewältigung der Corona-Krise sei zudem nie überlastet gewesen.

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