Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Analyse zum Ja der CDU zu LaschetWarum Merkels Partei den «Laschen» als Kanzler will

Hat den Segen seiner Partei, aber um die Deutschen muss er noch werben: Der CDU-Vorsitzende Armin Laschet am Montag in Berlin.

Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.

An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.

«Ohne Gegenstimme» hat sich das 15-köpfige Präsidium der deutschen Christdemokraten am Montag hinter seinen Vorsitzenden Armin Laschet als Kanzlerkandidaten von CDU und CSU gestellt. Auch der Vorstand, dem weitere 26 Mitglieder angehören, folgte dem 60-jährigen nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten «fast geschlossen». Grund zur Freude also – für Laschet.

Wenn jetzt nicht im letzten Moment noch die zweifelnde Bundestagsfraktion einen Aufstand wagt, ist dem CDU-Chef die Kandidatur nicht mehr zu nehmen. Nicht nur, weil die CDU traditionell Vorrecht geniesst. Laschets Herausforderer, der CSU-Chef Markus Söder, kandidierte ja nur unter einer Bedingung: Er stehe bereit, wenn die CDU ihn wolle. Dies ist offenkundig nicht der Fall, zumindest nicht in der Führung der Partei. Die Sache ist also faktisch entschieden. Das weiss auch Söder, auch wenn dieser sich am Montag noch weigerte, klein beizugeben.

Alle Zweifel an Laschet schienen im Führungszirkel der CDU wie weggewischt.

Laschet soll die Union also im Herbst in die Wahl führen und Angela Merkel im Kanzleramt nachfolgen. Alle Zweifel an ihm schienen im Führungszirkel der CDU am Montag wie weggewischt: der Vertrauensverlust ihres Chefs in den Umfragen, der orientierungslose Eindruck, den Laschet in der Corona-Pandemie hinterliess, der unvorteilhafte Kontrast mit dem vor Kraft strotzenden Rivalen Söder.

Zu erklären ist der erstaunliche Rückhalt vor allem mit dem Bild, das die CDU von sich selbst pflegt, und den aus ihrer Sicht ganz und gar schrecklichen Alternativen. Hätte die Partei Laschet jetzt fallen gelassen, hätte sie ihren quasi verbrieften Anspruch aufgegeben, auch nach der Ära Merkel wieder den Kanzler zu stellen.

Eine CDU ohne Macht, so sieht man das in dieser Partei, ergibt eigentlich gar keinen Sinn.

Ein Kanzler namens Söder wäre für die CDU, etwas überspitzt gesagt, nicht nur kein Ersatz, sondern die vielleicht schmerzlichste Demütigung gewesen. Zugunsten der kleinen Schwester auf die wichtigste Machtposition zu verzichten, hätte sich für die CDU wie eine Art Selbstentleibung angefühlt. Dazu war sie nicht bereit. Eine CDU ohne Macht, so sieht man das in dieser Partei, ergibt eigentlich gar keinen Sinn.

Mit dem Entscheid für Söder hätte die CDU zudem ihren erst vor vier Monaten neu gewählten Chef gleich wieder demontiert. Nach dem Scheitern von Annegret Kramp-Karrenbauer wäre dies die zweite Selbstenthauptung innert 14 Monaten gewesen – und das in einer Partei, die Vorsitzende wie Konrad Adenauer, Helmut Kohl oder Angela Merkel einst zwanzig Jahre oder länger führten.

Ein Verzicht zugunsten der CSU hätte auch die diffizile Machtbalance in der Union in Schieflage gebracht: Sollte im Wahlkampf wirklich der Chef der viermal kleineren Schwester den Ton angeben? Und in Berlin mit Söder allenfalls jemand regieren, dessen Hausmacht die kleinste aller Parteien wäre?

Laschet hat um all die geworben, die ihn im Januar nicht gewählt hatten. Das hat sich jetzt ausgezahlt.

Laschet trug aber auch selbst viel dazu bei, dass die Partei ihn nun im entscheidenden Moment nicht im Stich gelassen hat. Von der Öffentlichkeit unbemerkt, warb er in den vergangenen Monaten um alle wichtigen Verbände und Figuren in der CDU, vor allem um jene, die ihn im Januar nicht gewählt hatten.

In grosser Kleinarbeit kittete er dabei nicht nur die vielen Brüche in der Partei. Der Effort trug ihm im Kampf gegen Söder nun auch die Unterstützung von Friedrich Merz und dessen Anhängern im Osten, Westen und Südwesten der Republik ein, seinem Rivalen von Januar. Für die Fähigkeit, die verschiedenen Strömungen der letzten deutschen Volkspartei zusammenzuführen, wird Laschet auch von Kollegen geschätzt, die seinen Mitte-Kurs nicht teilen.

Hat sich wenig um die Zustimmung der grossen Parteischwester bemüht: CSU-Chef Markus Söder.

Söder hingegen, der 2018 mit der CDU in der Migrationspolitik noch einen Kampf auf Biegen und Brechen führte, gilt in der CDU eher als Spalter denn als Versöhner. Dass der Franke sich lange weigerte, seine Ambition offen zu deklarieren, und stattdessen gegen Laschet stichelte, wo er nur konnte, ärgerte viele in der CDU zunehmend. Anders als Laschet bemühte sich Söder auch nicht um Verbündete bei der grossen Schwester. Die Quittung dafür hat er jetzt erhalten.

Laschets grösste Schwäche in Hinblick auf die Bundestagswahl im Herbst bleibt freilich, dass die Bürgerinnen und Bürger im Land ihm erheblich weniger zu- und vertrauen, als es die Spitze seiner Partei tut. Der Vergleich seiner Umfragewerte mit jenen Söders (oder Merkels) fällt brutal aus: Nicht einmal jeder fünfte Deutsche hält Laschet für einen guten Kanzlerkandidaten. In einer Partei, die eigentlich Wahlergebnisse von 35 Prozent oder mehr für standesgemäss hält, ist das nicht schlecht, sondern verheerend.

Die Beispiele für demoskopische Wiederauferstehungen in der deutschen Politik sind eher selten.

In der CDU hoffen viele darauf, dass Laschets Werte schon noch steigen würden, sollte der Unmut über die Bewältigung der Pandemie und die Korruptionsskandale im Sommer mal abflauen. Sicher ist das keineswegs. Die Beispiele für demoskopische Wiederauferstehungen in der deutschen Politik sind eher selten.

Bleibt an Laschet der Ruf des «Laschen» kleben, wird von ihm im Wahlkampf kaum jenes Signal des kraft- und hoffnungsvollen Neubeginns ausgehen, das die Union so dringend benötigt, um ihre Ambition am Ende der Ära Merkel zu untermauern. Dafür könnte sich schleichend jene gefährliche Wechselstimmung einstellen, vor der Söder kürzlich warnte.

Eine Lokomotive für den Wahlkampf wird Laschet wohl nicht werden.

Ausserhalb der CDU wissen es eigentlich alle: Eine Lokomotive für den Wahlkampf wird Laschet wohl nicht werden. Im schlimmsten Fall wird er zum Bleigewicht, das die Union in die Tiefe zieht. Ob CDU und CSU auch dann noch gegen die aufkommenden Grünen obsiegen, ist nicht sicher. Im Falle des Misserfolgs hätte sich ihre Arroganz der Macht für einmal gerächt.