«Fälle werden sich wegen Virus-Mutation verdoppeln»

Corona-Medienkonferenz«Fälle werden sich wegen Virus-Mutation verdoppeln»

Der Bundesrat beschliesst heute weitere Verschärfungen im Kampf gegen das Coronavirus. Wie will die Regierung die Pandemie bekämpfen?

Der Bundesrat ist besorgt über die Entwicklung der Coronavirus-Pandemie in der Schweiz. Um die Verbreitung der Briten- und Südafrika-Mutation möglichst einzudämmen hat der Bundesrat heute neue Massnahmen beschlossen.

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Mittwoch, 13.01.2021

Zusammenfassung

Der Bundesrat hat neue Corona-Massnahmen ergriffen. Eine Übersicht findest über die neuen Regeln findest du hier. Die Bundesräte Berset, Parmelin und Maurer traten im Anschluss an die Sitzung vor die Medien. Parmelin: «Es war kein einfacher Entscheid. Aber der Bundesrat ist aufgrund der epidemiologischen Lage zum Schluss gekommen, dass eine Verlängerung und Verschärfung der Massnahmen nötig ist.»

Bundesrat Berset sagt, dass die neue Virus-Mutation dem Bundesrat keine Wahl gelassen habe. «Wir glauben, dass sich die Anzahl der Fälle der neuen Corona-Mutation jede Woche verdoppelt», so Berset. Die aktuelle Mutation sei 50-70 Prozent ansteckender. Trotz hartem Lockdown gab es in Grossbritannien und Irland «eine Explosion der Fallzahlen», so Berset.

Der Bundesrat appelliert an die Bevölkerung. Parmelin: «Helfen Sie mit diesen Weg zu gehen. Nur gemeinsam schaffen wir das.»

Bundesrat Maurer spricht über das neue Härtefall-Paket. Wer mehr als 40 Tage schliessen muss, kriegt Hilfe vom Staat und gilt als Härtefall. Maurer: «Wir gingen bislang von 50'000 Härtefällen aus. Nun sind es wohl bis zu 100'000.» Es ist absehbar, dass die verfügbaren Mittel von 2,5 Milliarden nicht genügen werden. Die Gelder sollen allerdings so schnell wie möglich fliessen. Die logistische Herausforderung sei allerdings sehr gross.

Berset äussert sich auch über die weiter offenen Skigebiete: «In den Skigebieten sind die Läden und Restaurants auch geschlossen. Skifahren findet draussen statt, an der frischen Luft», so Berset. Die Situation könne nicht verglichen werden mit den Läden.

Ende der Pressekonferenz

Vizekanzler André Simonazzi beendet die Medienkonferenz. In Kürze folgt hier eine Zusammenfassung.

Haben Sie keine Angst, dass das Vertrauen der Menschen sinkt?

Berset antwortet auf die letzte Frage: «Wir müssen Massnahmen tätigen, in einem Moment, wo man eher den Eindruck hat, dass die Lage stabil ist. Es ist schwierig, das zu erklären. Es erlaubt allerdings teure und spätere Massnahmen zu verhindern.» Berset betont erneut: «Die Frage ist nicht ob, sondern wann neue Massnahmen getroffen werden. Wir haben derzeit sieben Wochen Abstand zu Grossbritannien. Sie ist schwierig für alle, diese Situation.»

Weshalb werden die WK's der Armee nicht abgesagt?

Es ist keine totale Schliessung von allem, so Berset. Es ist kein harter Lockdown.

In den Nachbarländern wird teilweise FFP2-Maskenpflicht eingeführt. Hat der Bundesrat das auch diskutiert?

Patrick Mathys vom BAG sagt, dass derzeit keine solche Diskussion geführt wird. Man sei jedoch über die Erfahrungen von anderen Ländern gespannt.

Wie sieht es mit den Schulden aus?

Bundesrat Maurer spricht von einem Schuldenberg von knapp 30 Milliarden per Ende 2021. Maurer: «Klar ist, Schulden müssen irgendwann bezahlt werden. Es sei denn, wir nehmen Italien als Vorbild und sehen uns als Schuldengesellschaft.» Steuererhöhungen sollen vermieden werden.

Warum werden Schulen nicht geschlossen?

Berset: Schulschliessungen sorgen für grosse Ungleichheiten. Man wolle den Schaden minimieren und dafür schaue man die Gesundheit an, aber auch andere Faktoren, also wie sich Schulschliessungen auswirken würden. Regierungsrat Ernst Stocker ergänzt, dass es richtig sei, dass der Bundesrat nun die Antwort der Kantone abwartet.

Wann wird wieder gelockert?

Parmelin: «Es geht auch um die Gesellschaft. Für die junge Personen sind die Massnahmen schrecklich. Sobald es möglich sein wird, wird der Bundesrat Massnahmen lockern.»

Weiss der Bund, wieviele Personen im Homeoffice arbeiten können?

Bundesrat Parmelin kann keine genauen Zahlen nennen. «Viele haben das allerdings nach der ersten Welle etwas lockerer genommen. Wir müssen das Homeoffice so pragmatisch wie möglich umsetzten. Es ist ein entscheidendes Element.»

Berset ergänzt: «Wir haben Mobilitätsdaten und haben den Eindruck, dass ein gewisses Potenzial da ist. Viele Unternehmen sehen einen Unterschied zwischen der Empfehlung und der Homeoffice-Pflicht. »

Wird der Bundesrat auch ins Homeoffice gehen?

Parmelin: «Vieles findet bereits digital statt. Es ist jedoch nicht vorgesehen, dass sich der Bundersat nicht mehr treffen kann.»

Ist es das letzte Mal, dass der Bevölkerung alles abverlangt wird?

Gesundheitsminister Berset: «Wir haben Massnahmen ergriffen, um den R-Wert unter 1 zu halten. Wir gehen in die richtige Richtung. Es ist ein entscheidender Moment, um aus der Situation zu kommen. Allerdings kommen auch wieder andere Situationen wie das mutierte Coronavirus. Wir müssen jetzt handeln und wirksame Massnahmen treffen. Wir hoffen, dass wir durch Januar und Februar kommen und sich die Lage verbessert. Ansonsten müssen wir Massnahmen treffen, die bis zum Sommer dauern könnten.»

Wieso verschärft man die Regeln in den Schulen nicht?

Berset: «Die Kantone haben die Verantwortung in diesem Bereich. Besonders was die obligatorischen Schulen betrifft. Wir haben im Bundesrat darüber gesprochen und die Kantone angefragt. Wir warten jetzt auf eine Antwort. »

Bundespräsident Parmelin ergänzt: «Wir warten auf eine Rückmeldung der Kantone. Vielleicht gibt es strengere Massnahmen, die man vor dem Fernunterricht treffen kann. »

Wurde Zeit für Finanzhilfen verplempert?

Maurer: «Die Härtefallgesetze wurden im September ausgearbeitet, da war die Situation völlig anders. Im Dezember wurde das nochmals überarbeitet.» Brutsching widerspricht dem Vorwurf, dass man beim Bund und den Kantonen getrödelt habe.

Was ist ein Beispiel für einen vertretbaren Aufwand im Homeoffice?

Berset:« Es gibt einen Handlungsspielraum für die Betroffenen. Wenn wir die Kontakte reduzieren wollen, müssen wir Homeoffice möglich machen.»

Eric Scheidegger vom Seco: «Nicht zumutbar wäre es zum Beispiel in einem spezialisierten Finanzbetrieb, wo ein Mitarbeiter 7 Bildschirme benötigt. In einem normalen Büro, beispielsweise in der Verwaltung, sei das aber schon möglich.»

Ausnahme der 5-Personen-Regel?

Bundesrat Berset: Ich bin mit drei Kindern damit selbst betroffen. Es ist hart. Aber es braucht es jetzt. Man habe aber bewusst auf eine Zwei-Haushalte-Regel verzichtet, mit der 5-Personen-Regel sei man schon sehr tief.

In einigen Skigebieten sind die Terassen offen. Ist das erlaubt?

Die Kantone dürfen weitergehen, als das der Bund entscheidet. Mike Schüpbach vom BAG ergänzt: Wir sind daran, diese Frage mit den Kantonen zu klären.

Wieso bleiben die Skigebiete offen?

Berset: «Skifahren tut man in der Natur. Es braucht weiterhin strenge Massnahmen, aber bislang haben die Erfahrungen gezeigt, dass es funktioniert. Es kann nicht verglichen werden mit der Situation in Geschäften.»

Wieso warten wir bis Montag?

Gesundheitsminister Berset: «Man muss den Leuten auch Zeit lassen sich anzupassen. Wir befinden uns noch vor der Explosion der Fallzahlen.»

Wieso bleiben Baumärkte und Blumenläden offen?

Mike Schüpbach vom Bund äussert sich:« Zum täglichen Bedarf können auch Blumen gehören? »

Die Wirtschaftskommission hat sich gegen starke Massnahmen ausgesprochen. Wie wichtig ist die Meinung der Komission?

Alain Berset: «Die Entwicklung der letzten Tage ist sehr rasant. Soweit ich informiert wurde, war es in der Wirtschaftskommission nur ein knapper Entscheid. Wir hören alle Meinungen und integrieren das in unsere Entscheide. Wir müssen die Verantwortung tragen. Wenn wir die dritte Welle verhindern können, müssen wir das tun. Je länger wir warten, desto teurer wird es.»

Bundesrat Parmelin ergänzt: «Wir müssen im Bundesrat immer die verschiedenen Interessen abwickeln.»

Viele Betriebe stehen am Abgrund, können sie das Geld schnell liefern?

Die Fragerunde ist eröffnet. Die Journalisten sind nun an der Reihe.

Ernst Stocker: «Das Geld wird fliessen, wir versuchen Lösungen zu finden. Wie schnell es gehen kann, ist nicht klar. Alles muss richtig laufen. Sonst wird die Bevölkerung die Massnahmen nicht gut finden. Im Kanton Zürich sollen die Gelder Ende Februar fliessen.»

Maurer: «Wir nehmen die Situation sehr ernst. Sie haben aber erst einen Monat keine Einnahmen gehabt. Wenn wir Ende Februar zahlen, dann kommen wir gleich wie die Februar-Einnahmen. Es sollte kein Problem sein, für diesen Monat einen Betriebskredit zu haben. »

Härtefallkonzept

Regierungsrat Christoph Brutschin, Vorsteher des Departements für Wirtschaft, Soziales und Umwelt des Kantons Basel-Stadt und Präsident der Konferenz der Kantonalen Volkswirtschaftsdirektoren (VDK) ergänzt Stocker. «Wir sind froh, dass das Härtefallkonzept aufgestockt wird. Wir glauben dass eine vollzugsfreundliche Lösung gefunden wurde». Das Härtefallkonzept soll in Zukunft optimiert werden. «Die Gelder sollen dort ankommen, wo es nötig ist.»

Brutschin geht auf den Vorwurf ein, dass die Kantone nicht schnell genug seien. «Die Kantone tun alles was möglich ist. Einige Kantone sind privilegiert, andere Kantone müssen erste Gesetzesvorlagen schaffen.»

Brutschin schliesst seine Rede ab. Er bedankt sich beim Bundesrat für die Unterstützung.

Grosse Herausforderungen für Kantone

Er spricht über das neue Härtefall-Konzept. «Die Umsetzung ist nicht ganz so einfach. Wir müssen von 100'000 Gesuchen ausgehen. Im Normalfall haben wir für eine Umsetzung 3-4 Jahre zur Verfügung. Jetzt müssen wir es in zwei Monaten umsetzen.» Stocker bezeichnet den Vorschlag des Bundesrats bezüglich der Härtefälle als richtig.

Die Leute sind Corona-Müde

Regierungsrat Ernst Stocker, Vorsteher der Finanzdirektion des Kantons Zürich und Präsident der Konferenz der kantonalen Finanzdirektorinnen und Finanzdirektoren, ist nun an der Reihe. Er spricht über den Föderalismus in der Schweiz. «Die Massnahmen des Bundes müssen von den Kantonen umgesetzt werden. Die Leute sind Corona-müde. Wir spüren das.»

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