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Kommentar zur gereizten Stimmung im Land«Ich könnte schreien» – Jetzt reichts den Vernünftigen

Zugreisende mit Schutzmasken verlassen einen Zug im Bahnhof Luzern.

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Das war zu viel. Diese asozialen Typen sollte man büssen, und zwar richtig, schimpfte es aus den sozialen Medien. Man sollte sie vor den Richter stellen, auf Totschlag verklagen und einsperren. Und das Hochzeitspaar, es sollte sich scheiden lassen müssen.

Was war geschehen? In Schwellbrunn hatte eine grosse Hochzeitsgesellschaft getanzt und gefeiert – und dann vereinbart, dass sich niemand testen lässt. Keiner wollte in Quarantäne gehen. Zwei Wochen später liegt das Dorf im Appenzeller Hinterland an der Spitze der nationalen Corona-Liste, ein Hochzeitsgast ist verstorben.

Über Monate hatten in der Schweiz jene die Debatte dominiert, die gegen die Corona-Massnahmen opponieren, sie füllten die Kommentarspalten und trugen Plakate durch die Strassen: «Corona-Wahnsinn», «Maske weg». Nun aber reicht es auch den Vernünftigen. Jenen, die andere seit Monaten nur noch per Ellenbogen begrüssen und Maske tragen; die Feste meiden und stattdessen spazieren gehen. Eine von ihnen schreibt: «Ich könnte schreien.»

Der Bundesrat hat es völlig unterschätzt, wie wichtig klare Regeln für alle für das Zusammenleben im Land sind.

Sie sollte es tun. Hätten sich nach dem Lockdown alle an die simplen Regeln gehalten, wäre das Virus heute erledigt. Wir könnten uns wieder frei bewegen und uns umarmen und müssten keinen zweiten Lockdown befürchten.

Nur: Weshalb hätte sich die Hochzeitsgesellschaft einschränken sollen? Hochzeiten, auch grosse, waren vor zwei Wochen nicht verboten. Der Bundesrat hatte die Verantwortung an die Kantone delegiert und die Kantone an ihre Bürgerinnen und Bürger. Und diese tun eigenverantwortlich, was sie für richtig halten solange kein klares Signal aus dem Bundeshaus kommt.

So stehen sie sich nun gegenüber, jene, die sich eingeengt fühlen, und jene, die sich zu wenig geschützt finden. Die Stimmung wird gereizter, der Ton giftiger, Toleranz war gestern. Der Bundesrat hat es völlig unterschätzt, wie wichtig klare Regeln für alle für das Zusammenleben im Land sind – und letztlich, wie wir die Krise bewältigen können. Wenn er verhindern will, dass sich die beiden Lager weiter radikalisieren, muss er jetzt handeln.