Darf ich eine Einladung bei Freunden jetzt noch annehmen?

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Steigenden ZahlenDarf ich eine Einladung bei Freunden jetzt noch annehmen?

Die Ansteckungszahlen von Covid-19 schiessen in die Höhe. Was dürfen wir noch tun, und was sollen wir auf jeden Fall lassen? Ein Epidemiologe und ein Stilexperte geben Tipps.

Darum gehts

  • Der Bundesrat und einige Kantone haben neue Corona-Massnahmen beschlossen.

  • Ein Infektiologe und ein Stilexperte erklären, wie wir damit umgehen sollen.

Das Geburtstagsfest draussen, die anstehende Hochzeitseinladung oder der Besuch der Grosseltern: Mit den neu verabschiedeten Corona-Massnahmen von Bund und Kantonen sind viele Schweizer verunsichert, wie sie sich zurzeit verhalten sollen. Damit die Reproduktionsrate wieder unter 1 sinke, solle die Hälfte der Kontakte im beruflichen und privaten Leben vermieden werden, sagte Martin Ackermann, Leiter der wissenschaftlichen Covid-Taskforce des Bundes am Freitag. «Wir müssen unsere Kontakte auf ein Minimum beschränken.»

20 Minuten hat vier typische Situationen von sozialen Events herausgepickt. Christian Garzoni, Infektiologe am Moncucco-Spital in Lugano, und Stilexperte Jeroen van Rooijen geben Tipps für das Verhalten in diesen.

Ich bin zum Abendessen bei Freunden eingeladen, sechs weitere Bekannte ebenfalls. Die Hygieneregeln werden nicht eingehalten. Soll ich darauf verzichten, obwohl in einigen Kantonen rechtlich noch alles erlaubt ist?

Garzoni: «Ein generelles Verbot wäre zu viel. Doch je kleiner die Gruppe ist, desto besser. Drei bis vier Personen finde ich okay. Bei mehr Gästen würde ich dann aber absagen.»

Van Rooijen: «Ich hatte das Dilemma kürzlich selber, als ich zu einem Geburtstagsfest eingeladen war. Angesichts der aktuellen Situation musste ich absagen, was ich dem Gastgeber auch klarmachte. Begeisterung auf eine Absage muss man nicht erwarten, doch von einer Notlüge rate ich ab. Bei kleineren Treffen kann man auch einen Termin in einem Monat vorschlagen. Bis dahin hat sich die Situation vielleicht etwas entschärft. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben.»

Ein Freundin hat mich zu ihrer Hochzeit eingeladen. Es besteht ein Schutzkonzept: Kann ich unbesorgt an die Hochzeit?

Garzoni: «Das kommt ganz auf das Schutzkonzept an. Wenn alle Gäste konstant Maske tragen und konsequent Abstand halten, ist die Ansteckungsgefahr im Prinzip nicht hoch. Wenn aber alle Gäste miteinander in Kontakt sind, rate ich eher davon ab. In der Praktik wird das Schutzkonzept meist ungenügend umgesetzt. Ich sehe in so einer Situation eine grosse Gefahr, denn wenn jemand positiv getestet wird, müssen mehrere Dutzend Leute in Quarantäne.»

Van Rooijen: «Auf eine Teilnahme an Hochzeiten verzichte ich bis auf weiteres ganz. Hochzeiten dauern oft lange und enden feucht-fröhlich. Ideale Bedingungen für eine Infektion. Deshalb mein Vorschlag: Schicken Sie einen grossen Blumenstrauss mit dem Hinweis darauf, dass Sie nicht am Fest teilnehmen, das Brautpaar aber im kommenden Frühling gerne zu einem schönen Nachtessen einladen.»

Ich bin mit einem Freund zum Kaffee verabredet. Bei der Begrüssung will er mich umarmen. Wie soll ich damit umgehen?

Garzoni: «Ganz klar Abstand halten. Wenn Patienten mir die Hand geben, bedanke ich mich, weise aber darauf hin, dass das Verhalten gefährlich ist. Ich persönlich mache es jeweils so, dass ich als Begrüssung meine Hand aufs Herz lege. Das Wichtigste ist mir aber, dass man den Mut hat, eine Umarmung abzulehnen, und auf die aktuelle Situation hinweist.»

Van Rooijen: «Wenn ich Leute treffe, bleibe ich demonstrativ auf Distanz. Dann erhebe ich meine Hand und winke. Das ist ein vernünftiger Hinweis darauf, dass es keine weitere Annäherung braucht und wir uns so begrüsst haben. Das funktioniert in der Regel ganz gut.»

Soll ich meine Eltern oder Grosseltern noch besuchen?

Garzoni: «Das Verhalten mit Risikogruppen ist schwierig einzuschätzen. Denn egal, was man macht – es ist sehr wahrscheinlich falsch. Es ist sicher wichtig, dass man mit seinen Grosseltern Kontakt hält. Bei einem Treffen rate ich: Sich sicher nicht in Innenräumen, sondern draussen treffen. Dazu keine Umarmung und immer genügend Abstand halten. Dann sollte das sicher gehen. Kinder hüten kann gefährlich sein, denn die meisten Übertragungen passieren ja auch im Familienumfeld. Da soll jeder selber entscheiden, inwieweit er das Risiko auf sich nehmen will.»

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