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Neuer Job von Moreno CostanzoErst Fussballstar, dann Immobilien-Praktikant

Moreno Costanzo, Stephan Lichtsteiner und Stephane Grichting (v.l.n.r.) waren einst gefeierte Profi-Fussballspieler. Nach dem Rücktritt gestaltet sich die Jobsuche auf dem Arbeitsmarkt für viele ehemalige Sportler aber schwierig.

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In anderen Branchen wird es ab 50 Jahren schwierig, im Sport gehört man schon mit 30 zum alten Eisen. «Für über 30-Jährige ist es hart auf dem Markt», sagt Moreno Costanzo. Der Fussballspieler galt im Juniorenalter als Supertalent, stand mit dem U-21-Nationalteam im EM-Final und spielte in seinen besten Jahren bei den Berner Young Boys und in der Schweizer Nationalmannschaft.

Doch das alles ist weit weg. Aktuell ist Costanzo in Hemd und Anzug unterwegs, begleitet als Praktikant Immobilienmakler der Hugo Steiner AG zu Kunden, bemüht sich um einen guten Auftritt und hofft auf eine spätere Festanstellung.

Das schlimmste Jahr der Karriere

In der letzten Saison war er bei seinem Stammverein St. Gallen unter Vertrag, spielte aber in den Überlegungen des Trainers keine Rolle. Das «schlimmste Jahr der Karriere» sei das gewesen, sagt Costanzo. Weil er nicht in einer tieferen Liga das Ende der Karriere hinauszögern wollte, entschied sich der 32-Jährige im August, das Kapitel Fussball abzuschliessen und das «normale Leben» in Angriff zu nehmen.

In Sachen Ausbildungen hatte er auf dem Arbeitsmarkt wenig vorzuweisen, der Abschluss der Berufssportlehre lag über zehn Jahre zurück. Also aktivierte er sein Netzwerk, fragte hier und da nach Jobs und landete so in der Immobilienbranche. Immobilien zu verkaufen, könne man rasch lernen, das sei wie der Beruf des Spielerberaters keine exakte Wissenschaft, sondern man brauche ein gewinnendes Auftreten und ein gutes Gespür für Menschen, begründet Costanzo. Er traut sich zu, in diesem Metier Fuss zu fassen, fügt aber an, die Umstellung auf einen gewöhnlichen 8-Stunden-Arbeitstag sei gewöhnungsbedürftig.

Nach dem Jubel droht das Loch

Nicht allen Spitzensportlern gelingt der Übergang in die zweite Karriere. Viele verdrängen den Gedanken ans Karriereende möglichst lange und fallen dann in ein Loch. Auf dem Arbeitsmarkt sind sie keine Stars, sondern oft schlicht unterqualifiziert. Kümmerten sich vorher mehrere Leute um ihr Wohlergehen, sind sie nach dem Rücktritt vom Spitzensport plötzlich auf sich gestellt.

Beni Huggel, langjähriger Captain des FC Basel und Stammspieler in der Nationalmannschaft, erlebte dies auf die harte Tour. Nachdem er frühzeitig seine Trainerkarriere abgebrochen hatte, bewarb er sich für diverse Stellen. Dank seines Namens wurde er oft zu Gesprächen eingeladen, zu einer Anstellung kam es aber nie. Der Tiefpunkt war, als ihm ein HR-Verantwortlicher sagte, er habe ja noch nie in seinem Leben richtig gearbeitet. Huggel realisierte, dass er ganz unten anfangen musste – als Praktikant in der Administration eines Tenniszentrums; nebenher belegte er an einer Fachhochschule einen Betriebswirtschaftskurs für Quereinsteiger.

«Es kann doch nicht sein, dass die umjubelten Sportler nach Karriereende einfach fallen gelassen werden.»

Benjamin Huggel, Ex-Captain des FC Basel

Die Ungewissheit, was er künftig arbeiten könne, habe ihn belastet, gibt Huggel offen zu. Eine Zeit lang habe er die wiederkehrende Frage, was er jetzt eigentlich beruflich mache, nicht mehr hören können. Immerhin: Huggel konnte unmittelbar nach seinem Rücktritt vor acht Jahren eine Expertenrolle beim Schweizer Fernsehen übernehmen, dazu kamen Anfragen für Referate und Personal Training.

Huggel gründete eine eigene Firma und ersparte sich so weitere Vorstellungsgespräche. Und oft, wenn er in einer Firma über Leidenschaft oder Teamwork referierte, sagten ihm die Manager, die ihn gebucht hatten, Leute mit so viel Drive und Herzblut könnte jedes Unternehmen gut brauchen. Fragte er zurück, ob sie ihn denn einstellen würden, krebsten viele zurück.

Netzwerk für motivierte Ex-Profis

«Es kann doch nicht sein, dass die umjubelten Sportler nach Karriereende einfach fallen gelassen werden», dachte sich Huggel und entschloss sich, ein Netzwerk ins Leben zu rufen, das die Wirtschaft, die Sportler und ihre Vereine näher zusammenbringt. Das Ziel: Athleten sollen in der Nachsportkarriere leichter Fuss fassen können, Unternehmen im Gegenzug leistungsfähige Mitarbeiter gewinnen.

Natürlich stelle es ein gewisses Risiko für die Firmen dar, Quereinsteiger statt Fachleute mit Berufserfahrung einzustellen, räumt Huggel ein. Allerdings veralte Fachwissen rasch, wer motiviert sei, könne Wissensdefizite gut aufholen. Eine starke Persönlichkeit hingegen könne nicht in Kursen erworben werden. Sportler seien in aller Regel «äusserst zielorientiert, hart im Nehmen und geübt im Umgang mit Veränderungen und Rückschlägen». Deswegen würden sie vielfach mehr Verantwortung übernehmen und mehr bewegen in ihrem Umfeld als Berufsleute, die gelernt haben, sich hinter anderen zu verstecken.

Dave Heiniger, der bei der Swisscom und Axa in leitender Position im HR tätig war, teilt diese Sicht der Dinge. Er hat deshalb mit Huggel, dem Eishockeyspieler Severin Blindenbacher und dem Skifahrer Nils Hintermann im April das «Athletes Network» lanciert. Die neue Organisation, die am 5. Oktober in Bern die erste Netzwerkveranstaltung durchführt, will nebst Unternehmen, Verbänden und Sportclubs auch Bildungspartner an Bord holen, welche die Athleten beim Übergang in die Nachsportkarriere unterstützen. Eines ist für Huggel klar: «Die meisten Sportler wollen auch nach dem Ende der ersten Karriere Höchstleistungen erbringen – davon können künftige Arbeitgeber profitieren.»