EU lässt Schweiz bei Corona-App auflaufen

Publiziert

Fehlendes RahmenabkommenEU lässt Schweiz bei Corona-App auflaufen

Die Swiss-Covid-App wurde schon fast zwei Millionen Mal heruntergeladen. Doch die Wirkung der App ist noch unklar.

Darum gehts

  • Schon rund 80 positiv Getestete haben über die App eine Warnung herausgegeben.
  • Wie wirkungsvoll die App aber tatsächlich ist, können die Zuständigen noch nicht genau sagen.
  • Personen, die in Kontakt mit einer Infizierten Person mit Code standen, riefen oft nicht wie gewünscht die BAG-Hotline an, sondern liessen sich direkt testen.
  • Zudem unterscheiden sich die Werte der aktiven Apps und jene der Downloads stark voneinander.

Seit rund drei Wochen ist die App Swiss Covid des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) schon verfügbar. Sobald ein Nutzer erfährt, dass er positiv getestet wurde, erhält er einen Code, mit dessen Hilfe er andere Nutzer warnen kann. Diese sollten dann bei einer Infohotline anrufen. Am Donnerstag zog das Bundesamt für Gesundheit BAG eine Zwischenbilanz. Eine Übersicht.

Wie viele Personen meldeten der App einen positiven Test?

Laut Sang-Il Kim, Leiter Abteilung Digitale Transformation beim BAG, liegt die Anzahl der vergebenen Codes insgesamt schon bei rund 80. Wie wirkungsvoll die App aber tatsächlich ist, können die Zuständigen noch nicht genau sagen. «Wir wissen nicht, in welchen Kantonen wie viele Covid-Codes eingegeben wurden», so Kim. Ebenso ist unklar, wie viele Nutzer eine Warnung erhalten haben, dass sie in Kontakt mit einer der 80 infizierten Personen waren. Es ist demnach nicht erfasst, wie viele Personen sich wegen der App-Hinweise in Quarantäne begeben haben.

Das Problem: Personen, die in Kontakt mit einer infizierten Person mit Code standen, riefen oft nicht wie gewünscht die BAG-Hotline an, sondern liessen sich direkt testen. Nur 12 Personen hätten laut Kim bei der Hotline angerufen. Unklar ist auch, wie viele Personen sich wegen einer solchen Warnung testen liessen. Kim meinte auch selbstkritisch: «Hier müssen wir noch nachbessern. Wir sind am Anfang einer langen Reise und müssen Erfahrungen mit der App erst noch sammeln.»

Warum schwankt die Zahl der aktiven Apps?

Die Swiss-Covid-App zählt derzeit eine knappe Million aktive User und wurde über 1,85 Millionen Mal heruntergeladen. Die Werte der aktiven Apps unterscheiden sich deswegen so stark von jenen der Downloads, weil viele Nutzer den Installierungsprozess entweder nicht abgeschlossen haben oder das Handy zum Beispiel auf Flugmodus stellen.

Daher arbeite das BAG laut Kim daran, durch einen häufigeren Abgleich mit einer neuen Messmethode die Anzahl aktiver Apps genauer darzustellen. Die neue Methode soll am Freitag oder nächste Woche eingeführt werden.

Wie zufrieden sind die Macher – und wie mobilisieren sie weiter?

«Fast zwei Millionen Downloads sind schon mal nicht schlecht», bilanzierte Kim. «Gerade auch im Vergleich zum Ausland.» So erziele zum Beispiel die App in Frankreich kaum die gewünschten Nutzerzahlen. Das BAG will aber dennoch möglichst viele neue Nutzerinnen und Nutzer hinzugewinnen. Laut Sprecher Marco Stücheli werden die Telekom-Anbieter Salt, Swisscom und Sunrise in den nächsten Tagen ein SMS mit der Empfehlung verschicken, die App zu installieren.

«Dabei wollen wir auch wirklich unterstreichen, dass es um eine Empfehlung geht und das BAG dabei keine Daten speichert», sagt Stücheli. In dieser Kampagne soll auch die Post eingespannt werden. In einer Testphase in der Deutschschweiz, der Romandie und im Tessin sollen Post-Kunden am Schalter Hilfe bei Fragen rund um die App bekommen.

EU-Länder wollen Daten austauschen – und die Schweiz?

Wie Sang-Il Kim weiter sagte, sollen die verschiedenen Corona-Apps der EU-Staaten Informationen untereinander austauschen können, um die Verfolgung von Kontakten mit Infizierten über Ländergrenzen hinweg zu ermöglichen. Dies sollte im August bei mehreren EU-Staaten bereits der Fall sein. Doch: «Solange das institutionelle Rahmenabkommen nicht beschlossen ist, wird es schwierig, die Schweiz dabei mitmachen zu lassen», so Kim. Man sei allerdings im Austausch mit der EU, um gegebenenfalls bilaterale Lösungen zu finden.

Mit Material von Keystone-SDA

Deine Meinung

89 Kommentare