Polizei fordert PS-Obergrenze für Autos von Neulenkern

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Kampf gegen AutoposerPolizei fordert PS-Obergrenze für Autos von Neulenkern

Lärmgeprotze und Unfälle mit teils schweren Folgen: Laut der Kantonspolizei Aargau sind dafür meist Junglenker in leistungsstarken Boliden verantwortlich. Deshalb fordert sie jetzt eine PS-Obergrenze für Neulenker. Der Vorschlag ist umstritten.

Darum gehts

  • Die Polizei hat über Pfingsten in mehreren Kantonen Autoposer kontrolliert und Dutzende Verzeigungen ausgesprochen.
  • Für die Kantonspolizei Aargau ist klar, dass sich dieses Problem nur mit einer PS-Obergrenze für Neulenker erfolgreich bekämpfen lässt.
  • Der Vorschlag ist politisch umstritten.

In einer Aktion gegen Autoposer und Raser hat die Kantonspolizei Aargau über Pfingsten über ein Dutzend Anzeigen erstattet. So verzeigte sie etwa einen 19-jährigen Lenker eines Mercedes Benz AMG mit 360 PS und einen 23-jährigen in einem Alfa Romeo Giulia (500 PS), weil sie unnötig Lärm verursachten. Der Lenker eines Chevrolet Camaro musste seinen Ausweis auf der Stelle abgeben, weil er ausserorts mit 138 km/h geblitzt wurde.

Nun geht die Kapo Aargau mit der Forderung nach einer PS-Obergrenze für Neulenker in die Offensive: «Diese unnötige Auspuffknallerei ist wirklich eine Plage», sagt Polizeisprecher Bernhard Graser. «Bei diesen Posern muss man sich zudem fragen, ob sie charakterlich geeignet sind, um ein Auto zu führen.» Oft seien Neulenker mit PS-starken Boliden auch in Unfälle mit teils schweren Folgen verwickelt. «Neulenker, gerade 18- bis 21-jährige, sollten in der Probezeit zunächst nur Autos bis zu einer gewissen Leistungsstärke fahren dürfen», fordert Graser deshalb.

«Es ist falsch, wenn Junglenker mit 500-PS-Autos herumfahren»

Wo genau die Obergrenze liegen soll, müsse die Politik entscheiden. «Wir sind uns bewusst, dass wir uns aus dem Fenster lehnen, normalerweise stellt die Polizei keine politischen Forderungen. Aber wir sind täglich auf der Strasse unterwegs, und es ist in unseren Augen einfach falsch, dass Neulenker in Autos mit 500 PS herumfahren», sagt Graser.

Eine PS-Obergrenze wäre auch für Grünen-Präsidentin Regula Rytz wünschenswert: «Ich stelle fest, dass das Motorengeheul zunimmt, und bin froh, dass die Polizei rigoros gegen dieses rücksichtslose Verhalten vorgeht. Wir müssen aber bereits an der Quelle verhindern, dass solche Lärmexzesse überhaupt möglich sind.»

Dafür sei eine PS-Obergrenze eine Möglichkeit, Rytz geht aber noch weiter: «Ich fordere vom Bundesrat strengere Auflagen für die Fahrzeugtechnik. Gesundheitsschädigende Lärmquellen dürfen weder bei der Produktion eingebaut noch nachgerüstet werden.» Rytz denkt etwa an ein generelles Verbot von Klappenauspuffen und Soundgeneratoren, welche künstlich Motorenlärm erzeugen.

Postulat wurde nicht behandelt

Viola Amherd setzte sich für PS-Limite ein

Die Idee einer PS-Obergrenze ist nicht neu – und hatte vor über zehn Jahren mit der heutigen Bundesrätin Viola Amherd schon eine prominente Unterstützerin. Im Oktober letzten Jahres kam es zu einer Serie von schweren Unfällen mit jungen Lenkern. Wie der «Blick» damals schrieb, hatte die damalige SP-Nationalrätin Bea Heim bereits elf Jahre zuvor ein Postulat eingereicht, um eine PS-Limite für junge Autofahrer zu prüfen. Viola Amherd war eine von sechs Politikerinnen, welche das Postulat mitunterzeichneten. Es wurde im Nationalrat jedoch zwei Jahre lang nicht behandelt, so lief die Frist ab.

«Dieses Verhalten nervt mich unsäglich»

Derselben Meinung ist GLP-Präsident und Nationalrat Jürg Grossen: «Ich nerve mich unsäglich über dieses Verhalten, das hat in unserer Gesellschaft keinen Platz.» Eine PS-Obergrenze ist für Grossen «prüfenswert» – allerdings nicht bloss für Junglenker. «Ich bin ein freiheitsliebender Mensch, aber diese Lärmbelästigungen haben in Städten nichts zu suchen. Die Fahrer solcher Boliden sollen sich auf Rennstrecken austoben, wenn es denn sein muss», sagt Grossen.

Anders sieht es der Aargauer SVP-Nationalrat Benjamin Giezendanner: «Mir ist bewusst, dass es solche Fälle gibt und dass sie ein Problem sind. Aber ein Verbot ist der falsche Weg.» Einerseits sei ein solches Verbot schwierig umzusetzen. «Die Diskussion um PS ist auch nicht mehr zeitgemäss, in Zukunft wird von Elektroautos mit extremer Beschleunigung viel mehr Gefahr ausgehen.» Die Lösung liegt für Giezendanner darin, die Gesetze mit aller Härte durchzusetzen und wo nötig drakonische Strafen auszustellen.

«Verbot wäre schwierig umzusetzen»

Dieser Meinung ist auch Thomas Hurter, SVP-Nationalrat und Präsident des Automobil-Clubs der Schweiz: «Das Problem ist bekannt, von einem Verbot halte ich aber nicht viel. Sinnvoller wäre es, in der Ausbildung präventiv zu arbeiten und an die Eigenverantwortung zu appellieren.» Dazu komme: «Wer sich heute nicht an die Vorschriften hält, wird bereits entsprechend bestraft.»

Auch für Thomas Rohrbach vom Bundesamt für Strassen (Astra) würde eine PS-Begrenzung für Junglenker mehr Probleme schaffen als lösen: «In der Praxis wäre eine solche Regelung schwer umzusetzen. Dann könnten Lernende vielleicht keine Geschäftsautos mehr fahren, und Junglenker könnten mit dem Auto ihrer Eltern keine Fahrpraxis mehr sammeln», nennt Rohrbach zwei Schwierigkeiten.

«Mit einer PS-Obergrenze würde man eine grosse Mehrheit für das Fehlverhalten einiger wengier bestrafen. Das ist nicht zielführend», sagt Rohrbach. Klar sei aber: «Illegal abgeänderte Autos gehen gar nicht, das muss die Polizei hart durchgreifen.»

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