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Gestoppte Reformen in der UkraineEin Satiriker unter Gaunern und Oligarchen

Auch beim Krieg in der Ostukraine ist der Präsident nicht weitergekommen: Wolodimir Selenski.

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Der Zollchef. Der oberste Steuereintreiber. Der Generalstaatsanwalt. Und, last but not least, der Ministerpräsident: Es ist eine beeindruckende Reihe führender Reformer, die der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski in den vergangenen Wochen gefeuert hat. An diesem Mittwoch ist es ein Jahr her, dass der frühere Satiriker und Fernsehproduzent als Staatspräsident vereidigt wurde. Viele Ukrainer, die ihm gegen Amtsvorgänger Petro Poroschenko mit 73 Prozent der Stimmen den Vorzug gaben, fühlten sich angesprochen von Selenskis Versprechen, er werde endlich gründliche Reformen durchsetzen, die allgegenwärtige Korruption beenden, den Einfluss der Oligarchen brechen und den Krieg in der Ostukraine beenden. Auch in der Werchowna Rada, ihrem Parlament, gaben die Ukrainer Selenski freie Hand und der Präsidentenpartei Diener des Volkes bei der vorgezogenen Parlamentswahl im Juli 2019 eine absolute Mehrheit.

Von Selenski ernannte Reformer begannen aufzuräumen. Der 38 Jahre alte Sergei Werlanow etwa feuerte beim zentral geführten, bis dato notorisch korrupten Steuerdienst etliche Führungskräfte, er führte ein Rotationsprinzip ein und ging gegen milliardenschweren Betrug bei Mehrwertsteuererstattung oder Abgaben auf Alkohol und Tabak vor. Maxim Nefjodow, der einen einträglichen Job als Investmentbanker aufgab, agierte als Direktor des ukrainischen Zolls – einer Haupteinnahmequelle des Staates und gleichfalls notorisch korrupt – vergleichbar konsequent.

Korrupte Staatsanwälte

In der mächtigen Generalstaatsanwaltschaft wurden führende Staatsanwälte von Oligarchen oder Parlamentariern bezahlt, um Strafverfahren zu verhindern oder sie gegen Gegner einzuleiten, so bestätigte es der Ende August 2019 zum Generalstaatsanwalt ernannte Reformer Ruslan Rjaboschapka. Als neuer Chef feuerte er korrupte Staatsanwälte und leitete brisante Ermittlungen ein – auch gegen mächtige Oligarchen, die laut Weltbank Wirtschaft und Politik zum eigenen Nutzen bestimmen und zum Schaden der Ukrainer. Skeptiker sahen den Reformwillen des neuen Präsidenten indes als begrenzt an – etwa bei der stockenden Reform der berüchtigt korrupten Gerichte, bei denen übereinstimmenden Berichten zufolge Urteile oft käuflich sind. Zudem liess Selenski den höchst umstrittenen Innenminister Arsen Awakow im Amt, und er liess den Geheimdienst SBU unreformiert, der seine Macht oft missbraucht und beispielsweise Geschäftsleute erpresst. Selenski ging auch nicht gegen die Oligarchen vor – im Gegenteil.

Igor Kolomojski etwa soll bei der Privatbank, der grössten Bank der Ukraine, mit Geschäftspartnern Milliarden Dollar geplündert haben. Der Oligarch bestreitet die Vorwürfe. Doch ein Londoner Gericht sah bereits Belege für «Betrug von epischem Ausmass». In der Ukraine aber, wo Kolomojski Präsident Selenski unter anderem mit Unterstützung seines Fernsehsenders ins Amt verhalf, fehlen bis heute Strafverfahren oder zumindest ein Untersuchungsausschuss.

Ein Echo des früheren Missbrauchs

Von März an begann Selenski, Reformer reihenweise zu entlassen. Als Ersten traf es Ministerpräsident Olexi Hontscharuk, offenbar nach einer Auseinandersetzung mit dem Präsidenten über den Oligarchen Kolomojski. Als Nächster wurde Generalstaatsanwalt Rjaboschapka gefeuert, gefolgt von Steuerchef Werlanow und Zollchef Nefjodow. Und als wäre es ein Echo des früheren Missbrauchs von Justiz und Sicherheitsbehörden durch die Regierenden in Kiew, werden gefeuerte Reformer mit teils haarsträubenden Vorwürfen und Hausdurchsuchungen überzogen.

In der neuen Regierung ist auch ein anderer Oligarch gut vertreten: Rinat Achmetow, der reichste Mann der Ukraine, der die Bergwerke und den Energiesektor bestimmt. Ministerpräsident Dennis Schmigal arbeitete früher ebenso für Achmetow, wie es sein Berater für Energiefragen tat. Präsident Selenski empfing die Oligarchen bereits mehrmals zu Beratungen. Die Oligarchen haben unter ihm mindestens so viel Einfluss wie zuvor.

Auch beim Krieg in der Ostukraine ist der Präsident nicht weitergekommen. Zwar haben Kiew, Moskau und seine Marionettenregimes in Donezk und Luhansk mehrmals Gefangene ausgetauscht. Militärisch und politisch aber fehlte bisher spürbarer Fortschritt. Die Ukrainer halten Selenski gleichwohl den Austausch Gefangener zugute wie seine Massnahmen in der Corona-Krise.