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«Krimi der Woche»#MeToo bei der Polizei von L.A.

Für Protagonistin Renée Ballard ist die Polizei kein einfaches Arbeitsumfeld. Aber sie weiss sich zu helfen.

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Der erste Satz

Ballard und Jenkins rückten kurz vor Mitternacht in der El Centro Avenue an.

Das Buch

Renée Ballard ist Detective beim Los Angeles Police Department (LAPD). Nachdem sie einen Vorgesetzten der sexuellen Belästigung beschuldigt hatte und vom einzigen Zeugen hängen gelassen worden war, wurde sie in die unbeliebte Nachtschicht, genannt Late Show, versetzt.

Dabei nervt sie vor allem, dass sie mit ihrem Partner an jeden Tatort gerufen wird, an dem ein Detective erforderlich ist: «Das hiess, dass sie von einem Fall zum nächsten fuhren und erste Protokolle aufnahmen oder Selbstmorde absegneten, aber keine Fälle behielten. Sie schrieben die ersten Berichte und übergaben die Fälle am Morgen an die jeweils zuständige Einheit.» Da Ballard aber lieber selber Fälle lösen will, beginnt sie tagsüber auf eigene Faust zu ermitteln.

Michael Connelly, einer der Grossen der amerikanischen Kriminalliteratur, der vor allem durch seine bisher 22 Titel umfassende Reihe mit LAPD-Detective Harry Bosch berühmt wurde, hat mit Renée Ballard eine umwerfende neue Serienheldin geschaffen. In «Late Show» lernen wir sie erstmals auf Deutsch kennen. Die Originalausgabe erschien im Sommer 2017 und stand sogleich zuoberst auf den US-Bestsellerlisten. Die wenige Monate später beginnende #MeToo-Debatte liess die neue Figur besonders aktuell erscheinen. Doch Ballard ist auch darüber hinaus eine sehr zeitgemässe Romandetektivin.

Bei ihrem ersten Auftritt lehnt sich Ballard gleich bei zwei ihrer inoffiziellen Ermittlungen weit aus dem Fenster.

Ihren offiziellen Wohnsitz hat sie bei ihrer Oma, gut zwei Fahrstunden von Los Angeles entfernt. Was sie täglich braucht, führt sie in ihrem Van mit, in dem sie auch mal übernachtet, wenn sie nicht bei einem Freund unterschlüpft oder ihr kleines Zelt am Venice Beach aufstellt. Dort findet sie mit Stand-up-Paddling einen Ausgleich zur Arbeit.

Bei ihrem ersten Auftritt lehnt sich Renée Ballard gleich bei zwei ihrer inoffiziellen Ermittlungen so weit aus dem Fenster, dass sie in Gefahr gerät. Im einen Fall geht es um einen perversen Freier, der einen Transvestiten halb tot geprügelt hat. Im anderen um eine Schiesserei in einer Bar mit fünf Toten, in deren Folge auch ein Detective – Ballards ehemaliger Partner und hasenfüssiger Zeuge – ermordet wird. Nur weil sie ihren Chef bei einem schweren Fehltritt ertappt, kann sie verhindern, völlig in Ungnade zu fallen.

«Late Show» ist raffiniert aufgebaut, spannend, hart, witzig und nebenbei voller kleiner, scharfsinniger Beobachtungen und Kommentare zu Polizeiarbeit, Medien, Politik und zum Leben überhaupt. Michael Connelly zeigt sein ganzes Können als glänzender Erzähler. Und lässt dabei seinen Langzeithelden Bosch, der eigentlich gar nicht altväterisch ist, durchaus etwas alt aussehen.

Die Wertung

  • Originalität: ★★★★☆
  • Spannung: ★★★★☆
  • Realismus: ★★★★☆
  • Humor: ★★★★☆
  • Gesamteindruck: ★★★★☆

Der Autor

Zwei von Michael Connellys Romanen wurden fürs Kino verfilmt. In den Filmen spielten Clint Eastwood und Matthew McConaughey mit.

Michael Connelly, geboren 1956 in Philadelphia, entdeckte während seiner High-School-Zeit in Florida die Romane von Raymond Chandler und wollte daraufhin auch Autor werden. Er studierte Journalismus und kreatives Schreiben an der University of Florida in Gainesville und arbeitete dann als Reporter in Florida.

1986 publizierte er mit zwei Kollegen eine Serie über die Überlebenden eines Flugzeugabsturzes in Florida, wofür die Autoren für den Pulitzer-Preis nominiert wurden. Als Folge davon wurde Connelly Polizeireporter bei der renommierten «Los Angeles Times».

1992 publizierte er den ersten Roman um den LAPD-Detective Hieronymus «Harry» Bosch, «Schwarzes Echo», woraus eine höchst erfolgreiche Serie wurde, die insgesamt 22 Bände umfasst. Zudem tritt Bosch auch in zwei Romanen der fünfteiligen Serie um Rechtsanwalt Mickey Haller («The Lincoln Lawyer») auf.

Mit «Der Poet» schuf Connelly 1996 einen herausragenden Serienkillerroman, bevor dieses Sujet populär wurde; die FBI-Ermittlerin Rachel Walling aus diesem Roman trat in der Folge als Nebenfigur auch in mehreren Bosch-Romanen auf. 2017 führte Connelly in «The Late Show» mit der LAPD-Detektivin Renée Ballard eine neue Protagonistin ein, der er inzwischen zwei weitere, noch unübersetzte Romane gewidmet hat.

Connelly wurde für sein Werk vielfach ausgezeichnet, 2018 etwa mit dem Diamond Dagger der britischen Crime Writers Association für sein Lebenswerk. Zwei seiner Romane wurden fürs Kino verfilmt: «Blood Work» 2002 von Clint Eastwood und «The Lincoln Lawyer» 2011 mit Matthew McConaughey als Mickey Haller. Seit 2015 produziert Amazon die TV-Serie «Bosch», die ebenfalls auf Connellys Romanen basiert. Michael Connelly lebt in Florida.

Michael Connelly: «Late Show» (Original: «The Late Show», Little, Brown and Company, New York 2017). Aus dem Englischen von Sepp Leeb. Kampa, Zürich 2020. 431 S., ca. 27 Fr.