Für Test täuschen Corona-Simulanten Symptome vor

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Hypochonder im NotfallFür Test täuschen Corona-Simulanten Symptome vor

Corona-Tests sind nur für bestimmte Personen vorgesehen. Simulanten versuchen deshalb, Arztpraxen und Spitäler auszutricksen.

B. Zanni
von
B. Zanni

Wer mit einem Schnupfen oder Husten um einen Corona-Test bettelt, hat keine Chance: Vorgesehen sind die Abstriche für Risikopersonen mit möglichen Symptomen einer Covid-19-Erkrankung. Allen anderen empfiehlt das Bundesamt für Gesundheit (BAG), daheimzubleiben. Grund dafür ist, dass die Testkapazitäten zurzeit nicht ausreichen, um alle Personen zu testen. Einige Menschen schrecken nicht davor zurück, das Personal auszutricksen.

Zivilschützer S.T.* erlebte vor dem Eingang der Clinique des Grangettes in Genf einen derartigen Fall. Es habe sich wohl um eine Hypochonderin gehandelt, so der 33-Jährige. Eine etwa 40-jährige Frau sei dort kürzlich aufgetaucht und habe um einen Corona-Test gebeten. «Sie sah aus, als würde sie gleich sterben. Sie hustete fürchterlich und machte ein leidendes Gesicht.»

«Arzt sagte, sie habe nur Theater gemacht»

Vor Schreck habe er gleich seinen Tisch leergeräumt, sagt T. «Ihr Husten war so stark. Ich befürchtete, dass sie alle Gegenstände darauf infizieren könnte.» Er und sein Kollege seien überzeugt gewesen, dass die Frau eine Corona-Patientin sei, und hätten sie in die Notfallaufnahme geschickt. Zu ihrem Zustand nicht gepasst habe allerdings ihr Outfit. «Sie war gekleidet, als würde sie gleich in einen Club gehen.»

Wenige Minuten später kam der Arzt laut T. genervt zurück. «Er sagte, dass die Dame nur Theater gemacht habe. Sie sei kerngesund», sagt T. Er kann sich das Verhalten nur so erklären, dass sich die Frau so stark vor einer Ansteckung fürchtete, dass sie sich Symptome einbildete.

Solche Fälle erschwerten die Arbeit zusätzlich, so T. «Wir haben nur wenige Tests. Leute, die Corona-Symptome simulieren, sind Egoisten», empört er sich. Nur eine Stunde später habe er gesehen, wie unauffällig sich dagegen echte Corona-Patienten verhielten. «Eine ältere Frau kam und erklärte ganz ruhig, dass es ihr nicht gut gehe. Kurze Zeit später erzählte mir der Arzt, dass sie an einem Atemgerät angeschlossen ist.»

«Simulieren bringt nichts»

Die Clinique des Grangettes äusserte sich nicht zum Fall. Die Patienten könnten im Allgemeinen die Screening-Kriterien gut nachvollziehen, sagt Claude Kaufmann, Mediensprecher der Hirslanden AG, zu der auch die Genfer Klinik gehört. «Einzelne Patienten fragen trotzdem nach dem Screening-Abstrich – diese Patienten gilt es vor allem zu beruhigen und angemessen zu beraten.»

Auch bei der Berner Insel-Gruppe sind Simulanten ein Thema. Vor Tests unternähmen sie umfangreiche Abklärungen, sagt Aristomenis Exadaktylos, Klinikdirektor des Universitären Notfallzentrums am Inselspital. «Es ist relativ rasch ersichtlich, ob jemand einen Test benötigt oder nicht. Simulieren bringt nichts.»

Täuschungsmanöver rührten von einer Angst her, so Exadaktylos. «Vielfach sind Patienten beruhigt, wenn sie von einer Fachperson hören, dass ihre Symptome nicht gravierend sind.» Sie würden niemanden verurteilen. «Wir klären die Personen ab – egal, aus welchen Gründen sie zu uns kommen, und besprechen ihre Ängste.»

Simulanten schnell entlarvt

«Es kann sein, dass jemand seine Beschwerden eher intensiver angibt, in der Hoffnung, zu einem Test zu kommen», sagt Peter Tomasi, Hausarzt in Wädenswil ZH. Die Patienten seien oft beunruhigt und hätten Angst, jetzt das «Corona» zu haben. Oft komme auch Druck von aussen, insbesondere vom Arbeitgeber, sich testen zu lassen.

Mit Simulieren kommen die Leute aber nicht weit. «Gerade als Hausarzt kennt man seine Patienten gut und findet schnell heraus, ob jemand wirklich Symptome hat oder nicht», so Tomasi. Moralisch sei Simulieren sehr verwerflich. «Damit nimmt man allenfalls jemandem eine Test weg, der schwer krank oder gefährdet ist.» Wenn man den Leuten dies erkläre, reagierten sie meist einsichtig.

Behörden drohten mit Kosten

Bianca Roth, Oberärztin Infektiologie und Spitalhygiene am Luzerner Kantonsspital, sagt: «Dieses Problem wurde bisher so nicht festgestellt. Es kann natürlich Einzelfälle geben, aber wir machen die Leute darauf aufmerksam, dass ein Test nur dann Aussagekraft hat, wenn die Symptome auch wirklich echt sind. Andernfalls könnten sie sich in falscher Sicherheit wiegen.» Es könne sein, dass man das Virus in sich trage und ein Test trotzdem negativ ausfalle. «Zwei Tage später kann die Krankheit ausbrechen und erst dann wäre der Test positiv.»

Auch in Deutschland belasten Simulanten das Personal. Laut dem «Hamburger Abendblatt» melden sich beim Arztruf Menschen, die Symptome schildern und aus Risikogebieten kamen. Vor Ort stelle das mit grossem Schutzaufwand ausgestattete mobile Testteam jedoch fest, dass nicht einmal dieses Symptome wirklich existierten. Täuscher müssten die Einsatzkosten selbst tragen, drohten die Behörden deshalb.

*Name der Redaktion bekannt

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