Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Jetzt geht es in Libyen um alles

Die Libyer spüren wenig vom vereinbarten Waffenstillstand: Ein von Kugeln durchlöchertes Auto in einem Wohnbezirk von Tripolis. Foto: Ismail Zitouny (Reuters)

Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.

An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.

Neun Aussenminister, zwei Vizeaussenminister, der EU-Aussenbeauftragte sowie hohe Repräsentanten der Arabischen Liga und der Afrikanischen Union haben in München über Libyen verhandelt. Der deutsche Aussenminister Heiko Maas gab sich nach dem Treffen am Rand der Sicherheitskonferenz zuversichtlich. Es zeige sich, «dass bei allen Dingen, bei denen wir noch nicht am Ziel sind, der Weg, den wir eingeschlagen haben, funktioniert und das diplomatische Engagement der letzten Wochen wirkt».

Soll heissen: Die Libyen-Konferenz, die vor vier Wochen in Berlin abgehalten wurde, war nicht umsonst. Dieser Eindruck hatte durchaus entstehen können, denn weder hält eine verlässliche Waffenruhe, noch konnte der Nachschub für die Kriegsparteien gekappt werden.

Das Embargo ist ein «Witz»

In München sei auch «ganz offen» darüber gesprochen worden, dass «es in den letzten Wochen nicht unerhebliche und zahlreiche Verstösse gegen das Waffenembargo gegeben hat», räumte Maas ein. Weder hat die Türkei ihre Waffenhilfe für die Truppen der Regierung von Ministerpräsident Fayez al-Sarraj gestoppt, noch haben die Vereinigten Arabischen Emirate ihre Lieferungen an General Khalifa Haftar beendet. Und schon gar nicht haben die Russen ihre Söldner zurückgepfiffen.

Maas vermied es, die Verantwortlichen, mit denen er gerade noch zusammengesessen hatte, direkt anzuprangern. Es gebe «unterschiedliche Auffassungen», worauf die anhaltenden Verletzungen des schon seit 2011 geltenden Waffenembargos zurückzuführen seien, sagte er. Ein «grosser Fortschritt» sei aber auch die Verabschiedung der Resolution 2510 des UNO-Sicherheitsrates, in der – bei Enthaltung Russlands – die Beschlüsse der Berliner Konferenz bekräftigt worden waren. Durch die Resolution steige der Druck, die Beschlüsse auch einzuhalten.

«Die Realität ist weit entfernt von den politischen Bekundungen.»

Peter Maurer, IKRK-Chef

Wie das gelingen soll, ist allerdings immer noch unklar. Heute Montag werden die EU-Aussenminister noch einmal darüber verhandeln, ob die EU-Mission Sophia im Mittelmeer wiederbelebt wird, um Verstösse gegen das Waffenembargo zu überwachen. Das scheiterte bisher am Widerstand Österreichs und Italiens, die aus Sorge vor neuen Flüchtlingsströmen keine Missionen zur Seenotrettung wünschen.

Deshalb soll die Überwachung zunächst nur aus der Luft erfolgen, voraussichtlich mithilfe eines EU-Satelliten. «Wichtig wird sein, Transparenz herzustellen», sagte Maas. Wer die Absicht habe, das Embargo zu brechen, müsse wissen, dass er künftig nicht mehr unerkannt davonkomme. Die Vereinten Nationen hoffen nun, dass sich etwas bewegt in Brüssel. Das Waffenembargo sei «zu einem Witz» geworden, sagte in München die Vizesonderbeauftragte der UNO für Libyen, Stephanie Williams. «Es sind die Menschen in Libyen, die am meisten leiden», klagte sie. Die wirtschaftliche Lage verschlechtere sich, die Zahl der Hilfsbedürftigen steige.

Kein Wille zum Verhandeln

Auch Peter Maurer, Präsident des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), der jüngst Libyen besucht hatte, sieht bisher kaum Fortschritte. Er habe «nicht viel Willen erkannt bei den Gesprächspartnern in Tripolis und Benghazi, zu verhandeln», sagte er dieser Zeitung. Die Positionen seien nach wie vor sehr verhärtet. Zudem sei er «besorgt, zu sehen, wie viele fremde Akzente und Sprachen hörbar sind dort, wo wir tätig sind, die nicht in Libyen beheimatet sind». Das zeige, «dass die Realität noch weit entfernt ist von den politischen Bekundungen».

Von einer stabilen Waffenruhe könne nicht die Rede sein. Es gebe zwar keine grossen militärischen Geländegewinne. «Aber das bedeutet nicht, dass es keine Gefechte gibt.» Vielmehr habe man es zu tun mit einer «instabilen Waffenruhe entlang zahlreicher Frontlinien», auch in anderen Landesteilen, etwa bei Misrata und Benghazi.

Maurer warnte, Libyen stehe an einer Wegscheide. Vielen Familien, die bisher staatliche Löhne bezogen, gehe wegen der Blockade der Ölproduktion durch General Haftar das Geld aus. Wenn es nicht gelinge, schnell einen glaubhaften politischen Prozess in Gang zu bringen, der auch eine Normalisierung der wirtschaftlichen Situation erlaube, werde das Land «in eine sehr schwierige Situation kommen», sagte Maurer. Und das könnte auch neue Flüchtlingsbewegungen auslösen: Viele Menschen könnten sich dann «gezwungen sehen, Libyen zu verlassen», warnte der IKRK-Chef.