Geheimdienst-Affäre um Crypto AG wird untersucht

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GPDel des ParlamentsGeheimdienst-Affäre um Crypto AG wird untersucht

Nach den Spionage-Enthüllungen fordern Politiker eine lückenlose Aufklärung. Die Geschäftsprüfungsdelegation informierte über die Massnahmen, die jetzt eingeleitet werden.

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GPDel-Präsident Alfred Heer spricht zu den Medien.

Die Geschäftsprüfungsdelegation des Parlaments (GPDel) will die Geheimdienst-Affäre um die Zuger Firma Crypto untersuchen. Das hat sie am Donnerstag entschieden. Im Zentrum steht die Frage, was die Schweizer Behörden wussten.

Die GPDel habe beschlossen, eine Inspektion durchzuführen, sagte GPDel-Präsident Alfred Heer (SVP/ZH) vor den Bundeshausmedien. Das sei unbestritten gewesen. Erste Anhörungen sollen noch in diesem Monat stattfinden, ein Bericht soll bis Ende Juni vorliegen.

Dass ausländische Nachrichtendienste die Schweizer Firma Crypto über Jahrzehnte hinweg für das Ausspionieren von Drittstaaten benutzt haben, zieht die GPDel nicht in Zweifel: Dieser Sachverhalt werde durch diverse Reaktionen in den dafür verantwortlichen Staaten grundsätzlich bestätigt, schreibt sie. Gemeint sind damit die TV-Aussagen des ehemaligen Geheimdienstkoordinators im deutschen Bundeskanzleramt, wie Heer auf Nachfrage präzisierte.

«Keine einzige Reaktion»

Betroffene Staaten haben offenbar bisher nicht reagiert: «Wir haben bis heute keine einzige Reaktion von potenziell betroffenen Staaten», sagte Bundesratssprecher André Simonazzi am Rande einer Medienkonferenz. Er verwies weiter auf die Untersuchung, die der Bundesrat bei Alt-Bundesrichter Niklaus Oberholzer in Auftrag gegeben hat.

Die GPDel begrüsst den Schritt. Sie hält aber auch fest, dass dieser in der Öffentlichkeit und in der Politik als ungenügend erachtet wird. Zur Rolle der Schweizer Behörden habe der Bundesrat bisher nicht Stellung genommen, stellt sie fest.

Fokus auf Rolle der Behörden

Mit ihrer Inspektion will die GPDel als Oberaufsicht über die Nachrichtendienste und die Geheimbereiche des Bundes nun klären, wer in der Schweiz wann was wusste, wie Heer sagte. Untersucht werden sollen die «Berührungspunkte» von Bundesstellen mit ausländischen Nachrichtendiensten in dieser Sache. Die GPDel will auch abklären, ob und inwieweit der Bundesrat informiert war.

Sie will sich dabei mit Oberholzer koordinieren und fordert, dass der Alt-Bundesrichter uneingeschränkten Zugang zu allen Archivbeständen erhält. Mit Blick auf die Anhörung von Personen, die im Dienst des Bundes stehen oder standen, macht sie indes Vorrang geltend, da sie mehr Rechte hat, wie Heer erklärte.

Alt-Bundesräte im Visier

Wen sie vorladen will, gibt die GPDel nicht bekannt. Sie hat aber laut Heer neben ehemaligen Nachrichtendienst-Verantwortlichen auch Alt-Bundesräte im Visier.

In den Fokus geraten ist Kaspar Villiger, dessen Name offenbar in den Geheimdienstpapieren auftaucht. Er hat gegenüber Medien abgestritten, von der Spionage über Crypto gewusst zu haben.

Gleiche Informationsrechte wie PUK

Um Licht ins Dunkel zu bringen, steht auch die Einsetzung einer Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) zur Diskussion. Als schärfstes Instrument des Parlaments kann eine PUK bei Vorkommnissen von grosser Tragweite eingesetzt werden.

Bei den Informationsrechten gibt es indes keine Unterschiede: Die PUK und die GPDel verfügen über dieselben Befugnisse. Sie können alle notwendigen Informationen und Dokumente verlangen, auch Protokolle von Bundesratssitzungen und geheime Unterlagen.

Zeugen einvernehmen

Beide dürfen überdies Personen als Zeugen einvernehmen und auskunftspflichtige Personen vorladen. Der Bundesrat kann der Befragung beiwohnen und Ergänzungsfragen stellen.

Neben amtierenden und ehemaligen Behördenvertretern können sowohl die PUK als auch die GPDel bei Privatpersonen Auskünfte einholen und von solchen die Aktenherausgabe fordern. Privatpersonen haben allerdings keine Auskunftspflicht und keine Pflicht zur Herausgabe von Akten.

PUK mit mehr Mitteln

Befürworterinnen und Befürworter einer PUK argumentieren in der Regel, diese habe mehr Mittel zur Verfügung. Die finanziellen Mittel und den Auftrag legt das Parlament fest. Je nach Auftrag ist die PUK damit grösser und auch politisch breiter abgestützt. Die PUK hat ausserdem ein eigenes Sekretariat und kann einen Untersuchungsbeauftragten für die Beweiserhebung einsetzen.

Weiter sehen Befürworterinnen und Befürworter einer PUK diese als stärkeres Zeichen dafür, dass das Parlament eine umfassende Klärung will. Gegnerinnen und Gegner argumentieren, andere Wege führten schneller zu Resultaten. Die GPDel könne sofort beginnen, sagte Heer.

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