Für Philippe Jordan war das fast ein Heimspiel. 2001 bis 2004 war er Chefdirigent des Grazer Opernhauses und der Grazer Philharmoniker, ehe die Politik kläglich versagte: Jordan forderte mehr Geld – nicht für sich, sondern für seine Orchestermusiker. Nun führte das erste Staatsopern-Gastspiel der Direktion Roščić nicht nach Japan, sondern in die Steiermark.
Der erste Aufzug der „Walküre“ ist eine Visitenkarte für Sängerdarsteller, Orchester und Dirigenten, herausforderndes Vollbluttheater, für das ein Konzertpodium andere Möglichkeiten bietet als die Opernbühne. In der eleganten Akustik des Stefaniensaals können sich die Sänger Nuancierungen erlauben, die in großen Häusern untergehen würden.
Anja Kampe zeigte als empfindsame Sieglinde, dass sie im jungdramatischen Fach nach wie vor zu Hause ist und sich dort pudelwohl fühlt. Klare Präsenz, genaue Linien und eine Vielfalt von Farben verliehen der Figur Konturen. Solche stehen Kwangchul Yuon als Hunding nur noch begrenzt zur Verfügung, als polternder Hüttenwirt geht er allemal durch.
Durch das Zusammenspiel all dieser Kräfte entstand allerdings eine elektrisierende Stimmung, die alle über sich hinauswachsen ließ. Philippe Jordan steckte mit dem fulminant aufspielenden Staatsopernorchester die klaren Markierungen ab, der edle Cello-Ton von Tamás Varga glänzte verführerisch, und schließlich blühte Wälsungenblut bei Höchsttemperaturen: Wagner und Jordan hatten das Grazer Publikum in die Ekstase katapultiert.
Nach der Pause zeigte der Musikdirektor der Staatsoper seine Bayreuth-erprobte Wagner-Kompetenz mit Ausschnitten aus „Götterdämmerung“: in flotter lockerer Erzählform bei „Siegfrieds Rheinfahrt“, klagend und empört aufschreiend im „Trauermarsch“, ehe Anja Kampe bei Brünhildens Schlussgesang erneut ihren Mut bewies und – wissend geworden – die Welt erlöste. Normalerweise schließt sich hier der „Ring“, in Graz schloss so jedenfalls ein großer Abend.
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