Abschlagsfreie Pension nach 45 Jahren für Pensionsexperten "Unfug"

Verfassungsrichter lehnten Behandlung der Anträge gegen Kürzung der Ruhebezüge ab.
Die Maßnahme konterkariere die Bemühungen, das faktische Pensionsantrittsalter zu erhöhen.

Der Nationalrat hat am Donnerstagabend überraschend beschlossen, dass man nach 45 Arbeitsjahren wieder abschlagsfrei mit 62 Jahren in Pension gehen kann. Betroffen sind von der Neuregelung laut SPÖ rund 6.900 Männer pro Jahr. Pensionsexperte Bernd Marin bezeichnete die Maßnahme im Ö1-Mittagsjournal am Freitag als "Unfug".

"Wir drücken den Leuten fünf- bis sechsstellige Lebenspensionssummen in die Hand dafür, dass sie aufhören weiter zu arbeiten, obwohl sie vielleicht durchaus bereit wären, länger zu arbeiten", kritisierte Marin. Das sei "wirklicher Unfug". Die Maßnahme konterkariere die Bemühungen, das faktische Pensionsantrittsalter zu erhöhen.

Die Frage der Gegenfinanzierung

Er sei dafür, Langzeitbeschäftigte zu bonifizieren - bei der beschlossenen Maßnahme handle es sich allerdings um eine "Arbeitskraftstilllegungsprämie". Sinn macht für Marin dagegen, dass Kindererziehungszeiten bis zu fünf Jahren berücksichtigt werden. Insgesamt vermisste er an den gestrigen Pensionsbeschlüssen Maßnahmen zur Gegenfinanzierung.

Die Arbeiterkammer wies in einer Aussendung darauf hin, dass bis zum Jahr 2024 von der Begünstigung ausschließlich Männer betroffen sind. Frauen können bis dahin ab dem 60. Lebensjahr - abschlagsfrei - eine Alterspension in Anspruch nehmen.

Die Regelung tritt mit 1. Jänner 2020 in Kraft. Personen mit 45 Arbeitsjahren, die ihren Pensionsantritt mit 1. Oktober 2019, 1. November 2019 oder 1. Dezember 2019 geplant haben, empfahl die Arbeiterkammer, einen Aufschub des Pensionsantritts auf 1. Jänner 2020 prüfen lassen.

Höhere Pensionszahlungen

Betroffen von der Regelung sind alle vorzeitigen Pensionsformen, sofern 45 Arbeitsjahre vorliegen, das sind die Langzeitversichertenpension (Hacklerregelung) ab dem 62. Lebensjahr, die Schwerarbeitspension ab dem 60. Lebensjahr und in wenigen Fällen auch die Invaliditätspension.

Für die Betroffenen bedeutet die Maßnahme laut AK deutlich höhere Pensionszahlungen. Bei Langzeitversicherten etwa lägen die Pensionen nach 45 Arbeitsjahren im Durchschnitt bei rund 2.553 Euro brutto. Die Abschlagsbefreiung bewirke eine Erhöhung auf 2.921 Euro brutto, also eine monatliche Erhöhung der Bruttopension um 368 Euro.

Kritik an der Pensionserhöhung gibt es auch von den Noes. Laut Mandatar Gerald Loacker sei sie weder treffsicher noch generationengerecht. Es bestünde keine Balance zwischen LeistungszahlerInnen und LeistungsbezieherInnen. Die Erhöhung der Ausgleichszulage befürwortete er hingegen sehr wohl.

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