Knapp vorbei ist auch "Auf Linie"
Die Ausstellung "Auf Linie" im Museum der Stadt Wien widmet sich der städtischen Kunstpolitik der NS-Zeit und deckt dubiose Kontinuitäten auf
Der Mythos vom Unfriendly Takeover Österreichs durch Nazi-Deutschland hat sich lange gehalten, ist aber längst widerlegt. Der "Anschluss" wurde freilich nicht nur von breiten Teilen der Bevölkerung bejubelt, sondern auch in Kunstkreisen heftig akklamiert. "Auf Linie" betiteln sich die Ausstellung im Wien Museum und die gewichtige, von den Kuratorinnen Ingrid Holzschuh und Sabine Plakolm-Forsthuber besorgte Begleitpublikation, die nachzeichnet, wie die Kunst(politik) "auf Linie" gebracht wurde. Wobei das Passiv nicht unbedingt angebracht ist, war der Anteil an "Illegalen" unter Künstlern doch dermaßen hoch, dass diese bereits 1937 alle Schlüsselstellen besetzt hatten.
Zeitenwenden vollziehen sich selten Knall auf Fall, und das Jahr 1937 ist ein gutes Beispiel dafür. Im April beschließen "Illegale" wie Leopold Blauensteiner, Rudolf Hermann Eisenmenger oder Ingo Pötsch die Gründung des "Bundes deutscher Maler Österreichs". Im gleichen Monat zeigt die im Pariser Jeu de Paume - parallel zur Weltausstellung - ausgerichtete "Schau Österreichischer Kunst" noch einmal alle relevanten zeitgenössischen Positionen. In Wien, wo das schon nicht mehr möglich gewesen wäre, eröffnet Bundeskanzler Kurt Schuschnigg im November die Ausstellung "Italiens Stadtbaukunst im faschistischen Regime" in der Secession, der seit 1936 der Nationalsozialist Alexander Popp als Direktor vorsteht.