Patricia Highsmith (1921–1995) in ihrem Haus im schweizerischen Locarno am 5. September 1987.
Tagebücher

Die doppelte Buchführung der Pat Highsmith

Sehnsüchtig hat die Patricia-Highsmith-Gemeinde darauf gewartet: Die „Tage- und Notizbücher“ der Schöpferin Tom Ripleys geben neue Einblicke in die Biografie der amerikanischen Autorin, die in Europa ihre Heimat fand.

Jetzt bin ich zwanzig! Es ist toll! Geschenke nach dem Frühstück. So viele wie zu Weihnachten. Eine Polaroidlampe und ein Dreieckskissen zum Lernen. Eigentlich hätte ich heute Abend mit Ernst essen gehen sollen, aber ich musste lernen. Cocktails um fünf in der Fifth Avenue H. mit John und Grace. Dann Champagner für Mutter und mich. Sehr gut.“

Das schrieb Patricia Highsmith am 19. Jänner 1941, an ihrem Geburtstag, in ihr Tagebuch, und in ähnlichem Tonfall geht es noch jahrelang so weiter. Akribische Aufzeichnungen darüber, wann sie mit wem wo war, wen sie kennengelernt hat, was und wie viel getrunken und gegessen wurde, in wen sie verliebt war, mit wem sie Affären hatte usw. Ein von Männern und Frauen umschwärmtes Greenwich-Village-Party-Girl mit hohem Arbeitsethos und wachem Intellekt, mit immer wieder aufkommenden Selbstzweifeln, das sich oft und gern verliebt, spricht aus diesem Konvolut heraus: „Ich sollte in meinem Alter kreativer, origineller sein. Ich zittere, wenn ich daran denke, dass ich 20 Jahre alt bin. Nichts! Bis auf wirre Gefühle.“ (17. Februar 1941)
Sehnsüchtig hat die Highsmith-Gemeinde darauf gewartet: Die „Tage- und Notizbücher“ erscheinen endlich. Aus rund 8000 Seiten handschriftlichen Materials, das man 1995, kurz nach dem Tod der Schriftstellerin, in einem Wäscheschrank gefunden hatte – 18 Tagebücher, 38 Notizbücher –, wurden 26 Jahre später circa 1300 gedruckte Seiten. Ein Team von Transkriptoren, Übersetzern und Lektoren unter der Herausgeberschaft von Anna von Planta im Züricher Diogenes-Verlag hat dieses Mammutwerk möglich gemacht.

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