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Noch viele offene Fragen beim Einwegpfand

Von Rosa Eder-Kornfeld

Wirtschaft

Der Lebensmittelhandel will nicht auf den Kosten für Rückgabeautomaten und bauliche Veränderungen sitzenbleiben.


Wer nachhaltig leben will, greift beim Einkaufen zu Mehrwegflaschen. Diese sind in Österreichs Supermärkten eine rare Spezies. Doch wie kam es dazu? Bis zum EU-Beitritt war noch alles in Ordnung. Dank eines Glasflaschengebots, das auf der Hygieneverordnung von 1935 beruhte, betrug der Mehrweganteil etwa bei Mineralwässern im Jahr 1994 fast 100 Prozent. Mit dem Beitritt Österreichs zur EU und der von den Abfüllern freudig begrüßten Aufhebung des Glasflaschengebots - es wurde als nicht mit dem EU-Gemeinschaftsrecht vereinbar erachtet - rasselte die Mehrwegquote bei Mineralwasser in den Keller. Im Jahr 2005 waren es nur mehr 27 Prozent. Heute werden nur rund 15 Prozent der Mineralwässer in Mehrwegflaschen verkauft.

Insgesamt lag der Anteil der Mehrwegflaschen über alle Getränkekategorien hinweg (Mineralwasser, Bier, Säfte, Limonaden, Soda und Milch) Anfang der 1990er Jahre noch bei rund 80 Prozent. Seitdem ist er drastisch gesunken und beträgt aktuell knapp über 18 Prozent. Die Plastikflasche zum Wegwerfen und Tetrapak haben  hingegen ihren Siegeszug angetreten.

Nur 70 Prozent Sammelquote bei Plastikflaschen

In Österreich werden jährlich 1,6 Milliarden Getränkeflaschen aus Kunststoff in Verkehr gebracht. Nur etwa 70 Prozent davon werden gesammelt und aufbereitet. Dieser Prozentsatz muss aber gesteigert werden, wenn Österreich keine Strafzahlungen der EU riskieren will. Die EU-Richtlinie zu Single-Use-Plastic sieht nämlich vor, dass Getränkeflaschen aus Kunststoff bis 2025 zu mindestens 77 Prozent und bis 2029 zu mindestens 90 Prozent getrennt gesammelt und auch recycelt werden müssen. Von vielen Seiten wurde der Ruf nach einem Pfandsystem und nach einem Ausbau des Mehrweganteils laut - und er wurde nun erhört, obwohl sich die Lebensmittelhändler lang dagegen gewehrt haben.

So soll es ab 2024 im Handel verbindliche Mehrwegquoten geben. Auch Diskonter, die bis jetzt keine Getränke in wiederbefüllbaren Gebinden im Angebot haben, werden davon betroffen sein. Ab 2025 soll für PET-Flaschen und Getränkedosen ein Pfandsystem eingeführt werden. Das sieht die Novelle des Abfallwirtschaftsgesetzes (AWG) vor, die am Mittwoch den Ministerrat passiert hat. Für Geschäfte mit Flächen unter 400 Quadratmetern sind Pfandautomaten nicht verpflichtend.

Die Ausnahmeregel sei gut gemeint, sagt Christian Prauchner, Obmann des Lebensmittelhandels in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". In der Praxis würden aber die Konsumenten erwarten, dass sie auch in den kleinen Geschäften alle Gebinde zurückgeben können und unter Umständen auf die großen Supermärkte ausweichen und gleich dort einkaufen.

Daher müsse es für bauliche Veränderungen und die Anschaffung von Rückgabeautomaten eine Investitionsförderung geben, so Prauchner, der selbst einen Eurospar und zwei Spar-Geschäfte betreibt. Ihn habe die Anschaffung eines Leergutautomaten (ohne Dosenrücknahme und die dazugehörige Software), bei dem die Plastikflaschen zusammengequetscht werden, 36.000 Euro gekostet. Die zusätzlichen Kosten für die Dosenquetschung schätzt er auf 14.000 bis 15.000 Euro.

Auch Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbands, fordert ausreichende Entschädigungen für die Investitionen, die in den kommenden Jahren anstehen - sowohl für den gesamten Lebensmitteleinzelhandel mit seinen Filialen als auch für die mehr als 6.700 selbstständigen Kaufleute. Insgesamt würden den Händlern mit allen Rücknahmestellen einmalige Investitionskosten von über 210 Millionen Euro ins Haus stehen.
Dazu kommen noch laufende Kosten wie etwa Transport- oder Personalkosten.

Tausche PET-Flaschegegen Fahrschein

Prauchner spricht sich auch dafür aus, Möglichkeiten zur Rückgabe von PET-Flaschen und Dosen außerhalb des Lebensmittelhandels zu schaffen. In Rom können etwa an Metro-Stationen Plastikflaschen (von 0,25 bis 2 Liter) zurückgegeben und via App Bonuspunkte gesammelt werden, die man dann für den Kauf von Fahrkarten verwenden kann. Pro Flasche gibt es 5 Cent, ein Einzelfahrschein kostet 1,50 Cent, also 30 PET-Flaschen.

Wie das Handling des Einwegpfandes aussehen wird, sei noch nicht bekannt, so Prauchner. Die Novelle des AWG muss noch im Parlament behandelt werden. Dann will Klimaschutzministerin Leonore Gewessler gemeinsam mit den Partnern und Partnerinnen aus der Wirtschaft die Details erarbeiten. Gewessler verspricht, rasch Klarheit und Planungssicherheit zu schaffen.

Der Lenkungseffekt der Maßnahmen wird sich zeigen. In Deutschland war das 2003 eingeführte Dosenpfand zunächst erfolgreich. Die Zahl der verkauften Dosen ging von 7,5 Milliarden im Jahr 2002 auf 300 Millionen zurück. 2019 gingen schon wieder 3,9 Milliarden Dosen über die Ladentische. Das von den Diskontern vorwiegend in Einweg-Plastikflaschen angebotene Bier traf nicht den Geschmack der Kunden. Zudem habe die Dose "auch wieder einen gewissen Kultcharakter" erlangt, wie der Marketingchef von Konsum Leipzig, Matthias Benz, in einem Fernsehinterview sagte. Die Dose punkte auch durch ihr geringes Gewicht.