Während der Coronakrise sind bei Kindern und Jugendlichen dramatische Impflücken gegen Krankheiten wie Keuchhusten, Masern, Kinderlähmung und FSME (Zeckenimpfung) entstanden, warnten Fachleute am Dienstag. Dadurch stiegen beispielsweise bei FSME die Fallzahlen. Eltern wie auch Ärzte sollten deshalb den Impfstatus der Kinder überprüfen und dafür sorgen, dass versäumte Immunisierungen rasch nachgeholt werden.

"Mit Impfungen können wir Kinderkrankheiten, die in früheren Jahrhunderten sehr gefürchtet waren, problemlos bewältigen", sagte Karl Zwiauer, Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde und Mitglied des Nationalen Impfgremiums. Damit wird das "unerfahrene, aber extrem potente" kindliche Immunsystem mit kalkuliertem Risiko trainiert, sich mit Krankheitserregern auseinanderzusetzen.

Folge der Pandemie: Praktisch keine Schulimpfungen

Durch die Covid-19-bedingten Schulschließungen wurden aber 2020 und 2021 praktisch keine Schulimpfungen durchgeführt und aus Angst vor Ansteckung erfolgten viel weniger Arztbesuche, berichtete Zwiauer: "Deshalb gab es ein dramatisches Abfallen der verabreichten Impfungen." So wurden etwa in dieser Zeit nur je rund 40 Prozent der verfügbaren Meningokokken- und Hepatitis-B-Seren, sowie 80 Prozent des Bedarfs an Diphtherie-Tetanus-Keuchhusten-Polio Vakzinen (Impfstoffen) aus dem Gratis-Kinderimpfkonzept abgerufen.

"Krankheiten wie Diphtherie, Tetanus, Kinderlähmung und HPV (Anm.: humane Papillomviren) konnte man in den vergangenen Jahrzehnten zurückdrängen, diesen Erfolg sollte man nicht verspielen", sagte Thomas Szekeres von der Österreichischen Ärztekammer. Insbesondere Masern könne man nur durch eine hohe Impfrate ausrotten. Dies sei eine schwere Erkrankung, bei der Impflücken besonders fahrlässig wären. Wenn die fehlenden Impfungen nicht rasch nachgeholt werden, sind die Schulkinder zunehmend ungeschützt gegenüber solchen Krankheiten, warnte Zwiauer. 

Leider würden viele Eltern als "Impfskeptiker" nicht ausreichend für den Schutz ihrer Kinder vor schweren Erkrankungen sorgen, bedauerte Reinhold Kerbl von der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ): "Laut einer Diplomarbeit modifizieren 44 Prozent aller Eltern den Impfplan gravierend, weil sie glauben, Impfungen auslassen oder verschieben zu müssen." Das Mitwirken der Eltern müsse man mit seriöser Information durch den Vertrauensarzt, also Kinder-, Haus- oder Schularzt gewinnen, meint Kerbl. Er plädierte auch dafür, ein Erinnerungssystem für wichtige Impfungen bei Kindern einzuführen, weil sich dies bei der Covid-19-Immunisierung für Erwachsene bewähre.