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Wo Corona den Fachkräftemangel verschärft

Von Marina Delcheva

Wirtschaft

In der Pandemie sind einige Jobs nach oben auf die Liste der Mangelberufe gerutscht. Andere kämpfen um mehr Frauen.


Die Pandemie hat die Arbeitslosigkeit, aber auch den Fachkräftemangel deutlich verschärft. Zahlreiche Betriebe klagen darüber, dass sie offene Stellen wochen- und monatelang nicht besetzen können. Auf der anderen Seite entsprechen viele Bewerber nicht den gewünschten Qualifikationen. Während technische und IT-Berufe schon lange auf der Mängelberufe-Liste des AMS stehen, hat Corona auch zu neuen Engpässen in manchen Branchen geführt.

Einer aktuellen Studie des Unternehmensberaters "Ernst & Young" beklagen drei Viertel der heimischen Klein- und Mittelbetriebe einen Fachkräftemangel. Sie geben in der Umfrage an, Probleme zu haben, geeignete Fachkräfte zu finden. Außerdem gaben 35 Prozent der Befragten an, tatsächlich Umsatzeinbußen wegen des Mangels zu verzeichnen. Dabei sei vor allem die Energie- und Wasserversorgungsbranche betroffen.

Die meisten Fachkräfte fehlen im IT- und Technikbereich, vor allem bei höher Qualifizierten. Dort ist seit Jahren schon nur sehr schwer und mit viel Vorlaufzeit geeignetes Personal zu finden. Das war vor Corona so und ist weiterhin ein Problem. In manchen Unternehmen ist sogar die Nachfrage durch den Digitalisierungsschub gestiegen. Laut AMS kommen zum Beispiel auf 258 arbeitslose Diplomingenieurinnen für Datenverarbeitung 733 offene Stellen, also ein Verhältnis von eins zu drei circa.

Mangel bei Gastro und Pflege

Corona hat aber die Situation in manchen Branchen deutlich verschärft. So sind Jobs im Gesundheitswesen, also Ärztinnen, Pfleger, deutlich nach oben in die Mängelberufe-Liste des AMS gerutscht und sind jetzt in den Top 10. Die zeitweise deutlich höhere Belastung der Spitäler und der weiter steigende Bedarf an Pflegepersonal führten dazu, dass Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen teilweise Schwierigkeiten haben, offene Stellen zu besetzen.

Vor allem aber hat sich die Lage in der Gastronomie im vergangenen Jahr zugespitzt. Derzeit kommen laut AMS auf einen jobsuchenden Koch oder Köchin 1,3 offene Stellen. Zu Beginn der Pandemie haben viele Menschen hier ihren Job verloren. "Nicht alle haben aber in der Arbeitslosigkeit auf einen Job genau in diesem Bereich gewartet", erklärt der Wifo-Ökonom und Arbeitsmarktexperte Helmut Mahringer. Viele hätten sich umorientiert.

Nach den Öffnungsschritten haben nun zahlreiche Wirte und Hotelbetreiber Schwierigkeiten, Personal zu finden. Seit 2019 gut 20.000 Menschen weniger arbeiten in oder stehen der Gastronomie und Beherbergung als Arbeitskräfte zur Verfügung. Sie haben sich neu orientiert, haben woanders eine Anstellung gefunden und manche sind in ihre Heimatländer zurückgekehrt.

Je nach Branche und Beruf, sieht Mahringer unterschiedliche Gründe für den Fachkräftemangel. Die Pflege aber auch die Gastronomie seien keine "Lebensberufe", es gebe viele Abgänge, auch wegen der nicht so attraktiven Arbeitsbedingungen und vergleichsweise niedrigeren Löhne. "Es hängt aber nicht nur vom Lohn allein ab", sagt er. Viele Tourismusbetriebe seien in entlegenen Regionen mit schlechter Infrastruktur, Wohn- und Freizeitmöglichkeiten, hinzu käme die oft nur wenige Monate dauernde Saisonarbeit.

Frauen fehlen

Für den anhaltenden Fachkräftemangel in technischen, höher qualifizierten Berufen seien hingegen zu einem guten Teil Frauen verantwortlich - beziehungsweise deren Fehlen. "Viele technische Bereiche verzichten fast vollständig auf Frauen", so Mahringer. Obwohl sowohl die Arbeitsbedingungen als auch die Löhne attraktiv seien. Das Problem beginne schon bei der Ausbildung.

Tatsächlich ist der Frauenanteil bei technischen Lehrberufen und bei den sogenannten MINT-Fächern - also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik - gering. Das ist auch nicht durch höhere Löhne zu beheben, sondern bedarf gesamtgesellschaftlicher Anstrengungen und Aufklärung.