Er ist Präsident eines Landes, das praktisch nur auf dem Luft- oder Seeweg erreichbar ist, denn vom Nachbarn Nordkorea ist Südkorea seit dem Koreakrieg (1950 bis 1953) durch einen eisernen Vorhang aus Minenfeldern und Stacheldraht abgetrennt. Der Präsident der Republik Korea, Moon Jae-in, ist heute und morgen auf Staatsbesuch in Österreich.

Die Bekämpfung der Corona-Pandemie und der Klimakrise waren die Schwerpunkte eines Gesprächs, das Bundespräsident Alexander Van der Bellen am Montag mit seinem Amtskollegen aus der Republik Korea führte. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz betonten Südkoreas Präsident und Van der Bellen zudem unisono, dass "selbstverständlich" auch das kommunistische Nordkorea ins COVAX-Programm zur Vakzinversorgung ärmerer Länder einbezogen werde, wenn es dies wolle.

Er sei sich aber nicht sicher, ob Nordkorea sich diesbezüglich schon geäußert habe und es überhaupt verlässliche Corona-Daten gebe. Eine Versorgung aller Länder mit Corona-Vakzinen sei aber im Interesse aller, auch im Interesse Europas und aller Industrieländer. Ganz generell lobte Van der Bellen, dass sich Präsident Moon persönlich für den Dialog mit Nordkorea eingesetzt habe. Es gebe ja immer noch Familien, die zerrissen seien, weil ein Teil im kommunistischen Norden und ein Teil in Südkorea lebe. Diese Familien hätten dann keinen Kontakt zueinander, erinnerte der Bundespräsident. Moon sei diesbezüglich sehr aktiv gewesen, habe aber mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un ein Gegenüber, "mit dem nicht leicht umzugehen ist".

Moon betonte, dass auch US-Präsident Joe Biden Zeichen setze, um den Dialog mit Nordkorea zu intensivieren. Es sei zu hoffen, dass diese auch in Pjöngjang gesehen würden. Bezüglich der Nordkorea-Politik von Bidens Vorgänger Donald Trump erklärte Van der Bellen, dass diese zwar sehr aktiv, letztlich aber nicht sehr effektiv gewesen sei. Ein "Beweis für eine Denuklearisierung" Nordkoreas sei bisher ausgeblieben. Trump hatte Kim 2018 in Singapur getroffen - sensationellerweise, denn die USA als Schutzmacht Südkoreas sind seit Jahrzehnten der Erzfeind Nordkoreas.

Staatsbesuch des Präsidenten der Republik Korea Moon Jae-in in Österreich
Staatsbesuch des Präsidenten der Republik Korea Moon Jae-in in Österreich © APA/GEORG HOCHMUTH

Südkoreas Staatsoberhaupt traf am Montag in Wien noch mit Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sowie Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) und Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) zusammen. Als Themen wurden auch hier die Bereiche Corona-Pandemie, Klimaschutz und Wirtschafts- sowie Technologiefragen avisiert.

Moon bei Kurz
Moon bei Kurz © AFP

Moon wird von seiner Frau Kim Jung-sook sowie Außenminister Eui-Yong Chung begleitet und wurde am Montagvormittag mit militärischen Ehren empfangen. Im Zuge der Visite wurden ein bilaterales Kultur- und ein Doppelbesteuerungsabkommen unterzeichnet. Heute folgt ein Besuch im Stift Heiligenkreuz in Niederösterreich. Im Februar 2019 hatte Bundeskanzler Kurz Südkorea einen offiziellen Besuch abgestattet. 2007 absolvierte der damalige Bundespräsident Heinz Fischer einen Staatsbesuch in dem ostasiatischen Land.

Die diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Ländern wurden 1892 aufgenommen. Österreich-Ungarn und Korea schlossen damals einen Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrag. Das Königreich (ab 1897 Kaiserreich) Korea, das unter der seit 1392 herrschenden Yi-Dynastie eine strenge Abschließungspolitik betrieb, stand damals noch in einem nominellen Vasallitätsverhältnis zu China, mit dem die Habsburger-Monarchie seit September 1869 diplomatische Beziehungen unterhielt. Der erste koreanische Gesandte Min Yong-Ik traf 1900 in Wien ein.

Moon mit Ehefrau Kim Jung-sook in Wien
Moon mit Ehefrau Kim Jung-sook in Wien © Copyright Karl Schöndorfer TOPP

Geboren in einem Lager für Kriegsflüchtlinge

Moon wurde 1953 in einem Lager für Kriegsflüchtlinge auf der Insel Geoje geboren. Seine Eltern, die aus dem heutigen Nordkorea stammten, waren während des Koreakriegs vor den chinesischen Rotgardisten geflohen. Moons Jugend war von der Armut dieser Nachkriegszeit geprägt, aber auch von seinem unbedingten Aufstiegswillen. Als 20-jähriger Student der Rechtswissenschaften demonstrierte er in der ersten Reihe gegen das Militärregime, das kurz zuvor mit einer Verfassungsreform grundlegende Bürgerrechte eingeschränkt hatte und wurde zu einer zehnmonatigen Haftstrafe auf Bewährung verurteilt. Diese Erfahrung war mit ein Grund dafür, dass Moon später als Menschenrechtsanwalt Demokratieaktivisten verteidigte.

Der Mitte-links-Politiker Moon steht für einen volksnahen, basisdemokratischen Stil. Im Präsidentschaftswahlkampf veröffentlichte der verheiratete zweifache Vater seine Handynummer und animierte die Bevölkerung dazu, ihm Regierungstipps zu schicken. Kritiker werfen ihm allerdings zuviel Nähe zu Nordkorea vor. Moon war ein enger Mitarbeiter von Präsident Roh Moo-hyun, der sich von 2003 bis 2008 in nie da gewesener Weise an den Norden annäherte und den damaligen nordkoreanischen Machthaber Kim Jong-il persönlich traf.

2018 kam es schließlich zum historischen Gipfeltreffen zwischen Moon Jae-in und Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un im Grenzgebiet. Kim besuchte als erster nordkoreanischer Machthaber nach dem Krieg Südkorea. Die Bilder zeigten damals einen tief bewegten südkoreanischen Präsidenten, der den Nordkoreaner fast zärtlich an der Hand nahm. Man hatte zumindest den Gipfel an Symbolik erreicht.