Berlin zwischen Lockdown und Showdown: Während Kanzlerin Angela Merkel die bundesweite Corona-Notbremse ziehen will, steigt CSU-Chef Markus Söder im Kampf um ihr Erbe aufs Gaspedal. Doch das gefällt längst nicht allen.
Berlin. Der deutsche Föderalismus galt als Krisengewinner. Dass die Republik die erste Coronawelle vergleichsweise gut überstanden hat, wurde auch dem fruchtbaren Wettbewerb der 16 Bundesländer zugeschrieben. Inzwischen ist der Föderalismus in seiner jetzigen Form in Verruf geraten. Das liegt auch an den Ministerpräsidentenkonferenzen, in denen die 16 Länderchefs und die Bundesregierung die Leitlinien der Coronapolitik festlegen. Also in der Theorie. Zuletzt war die Tinte kaum trocken gewesen, da scherten die ersten Landeschefs schon aus.
Zwischen Nord- und Bodensee gibt es ein Wirrwarr an Regelwerken. Und deshalb will die Bundesregierung die Länder nun in einigen Punkten entmachten und eine bundesweite Notbremse einführen. Überall dort, wo die Inzidenz über 100 schnalzt, soll es fortan keinen Ermessensspielraum, sondern einen harten Lockdown mit Ausgangssperren ab 21 Uhr geben. In Regionen über 200 bleiben Schulen geschlossen.
Merkel: „Längst überfällig“
Das ist der Plan, den der Bundestag abnicken soll und den Kanzlerin Angela Merkel am Dienstag als „längst überfällig“ bezeichnet hat. Europas größte Volkswirtschaft stellt in der schwersten Pandemie seit 100 Jahren eine Weiche um: An den allermeisten Tagen würde diese Nachricht die gesamte Aufmerksamkeit im politischen Berlin aufsaugen. Aber am Dienstag ist das anders. Weil es nicht nur einen geplanten Lockdown, sondern auch einen Showdown gibt: Der brutale Machtkampf um die Unionskanzlerkandidatur zwischen Armin Laschet und Markus Söder verlagerte sich nachmittags unter die Reichtagskuppel im Bundestag, wo die Unionsfraktion zusammenkam.