Wer in der Pandemie seine Arbeit, seine Verdienstmöglichkeiten nicht verloren hat, der hat 2020 durch die Lockdowns, die geschlossene Gastronomie und die massiven Reisebeschränkungen sein Geld viel weniger leicht als früher „unters Volk“ bringen können. Wenn sich dazu noch große Unsicherheit gesellt, steht Sparen hoch im Kurs. So hoch, dass sich die Sparquote 2020 auf 14,5 Prozent praktisch verdoppelt hat. Das gab es so noch nie. Berechnet wird sie auf Basis aller in Österreich verfügbaren Nettoeinkommen. Fast 32 Milliarden Euro legten die Menschen 2020 auf die Seite, berichtet die Statistik Austria. 2019 waren es 18,4 Milliarden. Die Sparquote lag da noch bei 8,2 Prozent.

Exakt umgekehrt das Bild bei den Staatsfinanzen, die die Statistiker ebenfalls analysierten. Zufälligerweise ähnelt sich sogar die Summe, um die das Defizit größer wurde: gut 33 Milliarden Euro. Der Schuldenstand kletterte rasant auf 315 (2019: 280) Milliarden.

So wie Österreich in den vergangenen Jahren begonnen hatte, seine Staatsfinanzen etwas zu konsolidieren, so ausgabefreudig hatten sich seit der Eurokrise vor zehn Jahren die Privathaushalte gezeigt. Die Sparquoten sanken beachtlich – bis zum Covid-19-Schock. Die Konsumausgaben brachen 2020 um 9,6 Prozent auf 187,9 Milliarden Euro ein. Insgesamt hatten die Haushalte im Vorjahr 218,2 Milliarden Euro als Einkommen zur Verfügung. „Nur“ um etwa vier Milliarden Euro oder 2,9 Prozent weniger als 2019.

Sozialausgaben um 7,5 Prozent gestiegen

Dass es angesichts der um 6,6 Prozent abgestürzten gesamten Wirtschaftsleistung nicht viel tiefere Einschnitte gab, führt Tobias Thomas, Generaldirektor der Statistik Austria, auf die vielen zusätzlichen Hilfen zurück. Um 7,5 Prozent sind die Sozialausgaben gestiegen. 240 Prozent mehr Subventionen schaufelte der Staat heraus. Corona habe für einen „Strukturbruch“ bei Einnahmen und Ausgaben des Staates gesorgt, so Thomas. Die Einnahmen knickten um 5,8 Prozent ein, die Ausgaben schossen um 12,6 Prozent in die Höhe. „Corona hat Österreich vom Konsolidierungspfad abgedrängt“, so Thomas.

Tobias Thomas, Generaldirektor der Statistik Austria
Tobias Thomas, Generaldirektor der Statistik Austria © (c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)

Dieser Pfad war in Österreich überhaupt erst vor Kurzem eingeschlagen worden. Nach dem ersten Coronajahr stehen jedenfalls ein paar wenige Länder in Bezug auf Schulden und Defizitquoten deutlich besser da als Österreich. Etwa Schweden, die Niederlande oder Deutschland. Sie haben Defizit-Quoten zwischen 3,1 und 4,3 Prozent, Österreichs Quote hält nun bei 8,9 Prozent.

In die öffentliche Verwaltung fließen in Österreich übrigens 10,6 Prozent aller Staatsausgaben, in die Bildung 8,9 Prozent. Der Löwenanteil von knapp 40 Prozent wird für die „soziale Sicherung“ ausgegeben, darunter fallen auch die Pensionen.

Österreichs führende Wirtschaftsforscher hatten erst vor Kurzem eingemahnt, trotz Corona wichtige Strukturreformen anzugehen – wenngleich Sparpakete angesichts der Krise jetzt nicht angebracht seien.