Weiteren Regionen droht Sperre: Vorstoß für regionale Impfaktionen
In kleinen Orten durchaus sinnvoll, in urbanen Gebieten mit vielen Einwohnern eine Katastrophe: So beschreiben betroffene Politiker und die Gesundheitsbehörden das derzeitige Chaos rund um die Ausreisetestpflicht für Städte und Bezirke mit einer 7-Tages-Inzidenz von mehr als 400. Bei näherer Betrachtung wird die Sinnhaftigkeit der Maßnahmen immer mehr in Zweifel gezogen.
Südlich von Wien wird vermutlich noch im Laufe dieser Woche eine Fläche von 2.200 Quadratkilometern mit 80 Gemeinden und knapp 220.000 Einwohnern zur Mega-Sperrzone. Nach der 50.000-Einwohner-Stadt Wiener Neustadt liegen die beiden Nachbarbezirke Wiener Neustadt-Land und Neunkirchen seit Tagen über der 400er-Inzidenz. In einem Gebiet, das fast sechs Mal so groß ist wie Wien, flächendeckend Ausreisetests zu verlangen, ist laut der Polizei unmöglich. "Es kann nur stichprobenartige Kontrollen an den Bezirksgrenzen geben. Alles andere ist personell undenkbar", so ein Polizeisprecher.
Aber selbst in einem überschaubar kleinen Bereich wie dem Salzburger Gasteinertal ist der Sperrbezirk löchrig wie ein Schweizer Käse. Während in Klammstein Richtung Salzburg sowohl Polizei als auch Bundesheer die Tests kontrollieren, melden Ausreisende in Richtung Kärnten freie Fahrt. Hier kann das Gasteinertal mittels ÖBB-Tauernschleuse verlassen werden.
Löchrig wie Schweizer Käse
Bei einem Lokalaugenschein am Samstag war keine Polizei anzutreffen. "Es kann sein, dass die Kollegen bei einem Notfall von den Kontrollen abgezogen werden", sagt Salzburgs Polizeisprecher Hans Wolfgruber. Bad Gasteins Bürgermeister, Gerhard Steinbauer, der zum ersten Mal davon hört: "Was hilft die beste Regelung, wenn sie in der Praxis nicht funktioniert?"
In Wiener Neustadt werden die Ausreisetests (bis zu 4.000 pro Tag) nach zehn Tagen zur Existenzfrage für die Wirtschaft. Im Handel ist der Umsatz um bis zu 50 Prozent eingebrochen, denn die Stadt lebt vom Einzugsgebiet mit fast 300.000 Menschen. "Die Ausreisebeschränkungen und die Massentests schützen zwar das Umland, nicht aber die Bewohner der Stadt selbst", sagt Bürgermeister Klaus Schneeberger (ÖVP). Er forderte am Montag in einem Brief an Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) regionale Impfaktionen für Hochinzidenzgebiete. Davon gibt es immer mehr.
In Kärnten darf der 400-Einwohner-Ort Zlan bei Stockenboi nur mehr mit negativem Ausreisetest verlassen werden. Auch im Nachbarort von Zlan, in Hochegg, wird ab Mittwoch, null Uhr, kontrolliert.
In Tirol wiederum wurde in der Nacht auf Montag wegen des "dynamischen Infektionsgeschehens" über eine weitere Gemeinde eine Ausreisetestpflicht verhängt – betroffen ist Elbigenalp im Bezirk Reutte. Noch zumindest bis inklusive Donnerstag dürfen die Tiroler Gemeinden Haiming, Roppen und Arzl im Pitztal im Bezirk Imst und Virgen und Matrei in Osttirol im Bezirk Lienz nur mit einem negativen Test verlassen werden. Beide Bezirke sind mit 7-Tages-Inzidenzen von weiter über 300 Problemregionen. Eine Ausreisetestpflicht für einen ganzen Bezirk gibt es nur in Schwaz.
In Salzburg mehrere Gemeinden im Fokus
In Salzburg stehen einige Gemeinden laut einem Sprecher von Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) "ganz stark im Fokus". Kandidaten für Ausreisetests sind Abtenau (7-Tages-Inzidenz: 781), Großarl (741) oder Altenmarkt (713) sowie eine Reihe kleinerer Gemeinden. Neben der reinen Fallzahl sei auch die Nachvollziehbarkeit der Fälle ein wichtiges Kriterium.
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