Nachruf

Die Mutter der Frauenrechte in Ägypten ist tot

Die prominente ägyptische Aktivistin Nawal El Saadawi verstarb in Kairo.
Die prominente ägyptische Aktivistin Nawal El Saadawi verstarb in Kairo.APA/AFP/MARWAN NAAMANI
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Jahrzehntelang kämpfte Nawal El Saadawi für Frauen und wurde auch ins Gefängnis geworfen. Ihre Nachfolgerinnen haben noch viel Arbeit vor sich.

Sie war die Umm El-Frauenrechte, die Mutter der Frauenrechte in Ägypten. Nun ist Nawal El Saadawi mit 89 Jahren in Kairo verstorben. Die Aktivistin machte sich als Verteidigerin der Frauen nicht nur im eigenen Land, sondern auch international einen Namen. Es war vor allem ihr Aufschrei gegen Genitalverstümmelung bei Mädchen und gegen sogenannte Ehrenmorde, der die studierte Ärztin bekannt machte.
Mit 50 Sachbüchern und Romanen über Sexualität, Religion und Ungleichheiten im islamischen Erbrecht sorgte sie für Kontroversen.

Wegen ihres Buches „Frauen und Sexualität“ verlor sie 1971 ihren Posten im Gesundheitsministerium. Zehn Jahre später ließ Präsident Anwar as-Sadat sie einsperren. Nach drei Monaten, nach der Ermordung Sadats, kam sie frei. Ihre Erfahrungen im Frauengefängnis von Kairo sind auf Deutsch unter dem Titel „Ich spucke auf euch – Bericht einer Frau am Punkt null“ erschienen. In den 1990ern ging sie wegen massiver Anfeindungen aus dem konservativen und islamistischen Lager drei Jahre ins Exil in die USA. Sie wurde immer wieder bezichtigt, vom Islam abtrünnig zu sein und erhielt Morddrohungen.

2011 war El Saadawi auch bei den Protesten gegen das Regime Hosni Mubaraks dabei. Viele der damaligen Aktivistinnen folgten ihr noch, als sie später die ins Parlament und ins Präsidentenamt gewählte Muslimbruderschaft bezichtigte, die Revolution für sich vereinnahmt zu haben. Als El Saadawi dann aber begann, das Regime des heutigen Präsidenten, Abdel Fatah al-Sisi, zu verteidigen, kam es zum Bruch mit vielen früheren Mitstreiterinnen.

Aufschrei wegen Familienrechts

Selbst am Tag ihres Todes wurde deutlich, wie viel Arbeit vor ihren Nachfolgerinnen liegt: Zwar wurde ein Gesetz erlassen, das die Strafen für Genitalverstümmelung verschärft. Zugleich bezeichnete aber Präsident Sisi den Vorschlag für ein modifiziertes Familienrecht als „ausgewogen“. Laut bisher kursierenden Entwürfen soll etwa ein Ehevertrag nicht von der Frau, sondern für sie stellvertretend von einem männlichen Verwandten unterzeichnet werden. Männliche Verwandte können der Frau verbieten zu verreisen. Bei Frauenrechtlerinnen sorgte das für einen Aufschrei. Deren Kampf geht auch nach El Saadawis Tod weiter.

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