Bilanz

Überlebt der Euro als staatenloses Wesen?

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ITALY-POLITICS-PARLIAMENT-GOVERNMENT(c) APA/AFP/POOL/YARA NARDI (YARA NARDI)
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Eine Rückkehr zum gescheiterten Fiskalpakt nach der Coronakrise wird schwierig. Die Alternative, eine Art europäische „Wirtschaftsregierung“, ist aber extrem unpopulär. Die Nach-Krisenzeit wird ziemlich holprig für den Euro.

„Eine staatenlose Währung“, sagte Italiens Notenbankchef Ignazio Visco neulich, „kann für eine bestimmte Zeit bestehen bleiben. Aber dann gibt es die Notwendigkeit eines Staates oder einer Haushaltsunion.“ Die „staatenlose Währung“ ist der Euro. Und die Meinung des italienischen EZB-Ratsmitglieds liegt ganz auf der Linie des amtierenden italienischen Ministerpräsidenten Mario Draghi, der in seiner ersten Rede im italienischen Parlament gemeint hatte, die Unterstützung seiner Regierung bedeute auch die Unterstützung einer sich immer stärker integrierenden Europäischen Union, die schlussendlich ein gemeinsames öffentliches Budget erreichen müsse.

Das Problem: Für diese Form der fiskalischen Integration mit gemeinsamer Garantie für nationale Staatsschulden gibt es ebenso wie für das Fernziel der Vereinigten Staaten von Europa zurzeit in keinem Land der Gemeinschaft demokratische Mehrheiten. Im Gegenteil: Der Trend geht eher in Richtung Renationalisierung.

Das ändert freilich nichts daran, dass die beiden italienischen Politiker, wiewohl sie mit ihrem Vorstoß ziemlich vordergründig nationale Interessen vertreten, im Prinzip recht haben: Die EZB ist in der Tat die einzige Nationalbank einer Ländergruppe ohne gemeinsame staatliche Struktur. Eine gemeinsame Währung kann in einer solchen Konstellation auf Dauer nur funktionieren, wenn alle in der Gruppe am selben Strang ziehen. Und zwar am selben Ende dieses Strangs. Nur so ist eine konvergente Wirtschaftsentwicklung möglich. Und damit die Voraussetzung dafür, dass die Währung mittelfristig nicht wieder auseinanderfliegt.

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