„Falsch und unehrlich“

Kurz und Strache: SMS geben Einblicke in Polit-Ehe

Politik
09.03.2021 20:00

Die mit Spannung im Ibiza-U-Ausschuss erwarteten Chats zwischen dem ehemaligen Vizekanzler Heinz-Christian Strache und Bundeskanzler Sebastian Kurz bergen keine Staatsaffäre - statt Spenden, Casinos und Postenschacher geht es viel um die „Krone“, den ORF - und persönliche Befindlichkeiten.

Nein, der von politischen Gegnern erwartete große Skandal ist in den 274 persönlichen Handy-Nachrichten zwischen Kurz und Strache in den Monaten vor dem Platzen des Ibiza-Skandals 2019 nicht zu finden. Kein Wort zur umstrittenen Bestellung des „blauen“ Sidlo zum Casinos-Finanzchef, auch nicht über Glücksspielnovelle, Spendenangebote oder sonstige Enthüllungen.

Innenleben einer Polit-Ehe
Was die Chats offenbaren, sind vielmehr türkis-blaue Gschichten oder das Innenleben einer Polit-Ehe. Geprägt von grantigen bzw. markigen Ausdrücken, die sich aus den Zimmern der Macht gegenseitig geschickt werden. Da geht es um das Regierungsprogramm, angebliche Versprechungen wie die Abschaffung der ORF-Zwangsgebühren, rechte „Einzelfälle“ wie das Braunauer Rattengedicht oder an Medien herausgespielte Papiere.

Das schrieb Kurz an Strache:

„Aha. Na ja, ich glaube, in Summe habe ich mich sehr fair verhalten. Aber bitte schau dir auch alle anderen Berichte an. Von da bis New York. Wie lang schaut Kurz noch zu? FPÖ nicht regierungsfähig ...“

„Ich hoffe, wir finden nach Ostern wieder einen ordentlichen Modus. Aber bitte verkauf mich nicht für total deppert!“

„Das gibt es ja nicht.“

„Du hast mir gesagt, wir können eine Pensionsreform machen, die 1,5 Milliarden bringt, wenn wir die Mindestpension so machen, wie du willst. Du vergisst leider immer deine Teile der Vereinbarungen.“

„Wer steckt dahinter? Silberstein?“

„Noch so einen Abend schaff ich nicht mehr allzu oft. Bin leider sitzen geblieben und noch immer fertig.“

Auch Blümel, Hofer und Kickl spielen in Chats eine Rolle
Viel thematisiert wird auch schon vor Ibiza die „Kronen Zeitung“. Einmal ist es ein Interview mit dem Regierungspartner, das andere Mal eine Geschichte, die für Gesprächsstoff sorgt. „So etwas habe ich nicht einmal mit den Sozialisten erlebt“, textet etwa Kurz-Vertrauter Gernot Blümel wütend. Denn neben den Parteichefs spielen auch die damaligen Regierungskoordinatoren - eben der frühere Kanzleramtsminister bzw. von der FPÖ Herbert Kickl und Norbert Hofer - eine Rolle in den Chat-Verläufen.

So chattete Strache mit dem Kanzler:

„Finde diese Berichte gar nicht fair und gut.“

„Lieber Sebastian. Du wirst verstehen, dass wir Steuerpaket und Budget nur zustimmen können, wenn wesentliche FPÖ-Positionen (ORF-GIS, 1200 Euro Mindestpension) enthalten sind.“

„Es ist traurig, dass ich mich leider nicht auf dein gegebenes Wort verlassen kann.“

„Danke für deine Zeilen.“

„Ich kann dich nur bitten, uns heute nichts auszurichten (…), und einmal mehr würde ich mir wünschen, wenn du sagst: Ich arbeite mit den freiheitlichen Regierungsmitgliedern seit einem Jahr (...) zusammen und weiß, das sind keine Rechtsextremisten (…). Diese Inflation ist brandgefährlich."

„Du weißt, dass das falsch ist und du unehrlich spielst.“

„Sehr mysteriös. Unter vier Augen.“

„Wenn es so einfach wäre, dann wäre es schön!“

„Halb so wild. Viele falsche Vorwürfe, welche so nicht stattgefunden haben. Aber die Frage ist der Auftraggeber (…), da haben wir zur Zeit ein paar Informanten.“

In der Nacht vor der Veröffentlichung des Ibiza-Videos sucht Strache ein Gespräch mit Kurz. Auf dessen Frage „Was Schlimmes?“ beruhigt der FPÖ-Chef noch mit „halb so wild“. Das letzte SMS an den Noch-Koalitionspartner schickt der Vizekanzler Samstagfrüh nach dem Platzen des Ibiza-Skandals. „Um 11 Uhr unser Gespräch, dann um 12 Uhr meine Erklärung!“ Der Rest ist Geschichte: Rücktritt und Neuwahlen

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