Mitten in der Pandemie bindet Sebastian Kurz plötzlich Landeshauptleute, Sozialpartner und zum Teil sogar die SPÖ in seine Entscheidungen ein. Was steckt hinter der neuen Versöhnungspolitik des Bundeskanzlers?
Manch einer vor den TV-Geräten rieb sich vergangenen Sonntag ungläubig die Augen, als neben dem Kanzler und dem Gesundheitsminister nicht, wie üblich, der Vizekanzler und der Innenminister die Lockdown-Verlängerung begründeten, sondern der Vizerektor der Med-Uni Wien, Oswald Wagner, der steirische Landeshauptmann, Hermann Schützenhöfer, und Wiens Bürgermeister, Michael Ludwig. Vor allem Michael Ludwig, ehedem noch Lieblingsfeindbild türkiser Politik als oberster Vertreter des Roten Wien.
Hat man etwas verpasst? Macht Sebastian Kurz nun gemeinsame Sache mit den Sozialdemokraten, während er dem Wirtschaftsflügel der ÖVP, der ihn stets unterstützt hat, sämtliche Öffnungswünsche verwehrt?
Zweierlei war an diesem 17. Jänner zusammengekommen: zum einen Ermüdungserscheinungen im virologischen Quartett. Nicht nur Innenminister Karl Nehammer hatte zuletzt seine Rolle in diesem Format hinterfragt. Auch den beiden Grünen-Vertretern behagte immer weniger, dass sich ihr Beitrag im Wesentlichen darauf beschränkte, das zu wiederholen, was der Kanzler schon ausgeführt hatte. Wobei Rudolf Anschober als zuständiger Minister keine andere Wahl hat, als weiterhin dabei zu sein. Werner Kogler aber schien sich zuletzt stärker bei den Wirtschaftshilfen positionieren zu wollen, die meist im Anschluss an die erste Pressekonferenz thematisiert werden.