Großbritannien

Verdient Julian Assange Mitleid?

Eine Richterin in London hat die Auslieferung des WikiLeaks-Gründers an die USA untersagt, weil er dort in Isolationshaft suizidgefährdet sei. Für die US-Regierung bleibt Assange jedoch ein Hochverräter.

Die USA haben den Irak-Krieg 2003 nicht auf dem Schlachtfeld verloren. Aber als die letzten Marines im Dezember 2011 das Land zwischen Euphrat und Tigris verließen, war der Kampf um die öffentliche Meinung längst verloren. Kaum jemand hatte daran so großen Anteil wie der Gründer der Internet-Plattform WikiLeaks, Julian Assange, dessen Auslieferung an die USA am Montag von einem Gericht in London untersagt wurde. Die Richterin begründet ihre Entscheidung mit dem psychischen Zustand Assanges und den Haftbedingungen in den USA: Es sei damit zu rechnen, dass Assange sich in Isolationshaft das Leben nehmen werde. Washington reagierte „extrem enttäuscht“.

Das Schicksal des 49-Jährigen bleibt freilich in der Schwebe: In Erwartung einer Berufung aus Washington wurde Assange vorerst nicht auf freien Fuß gesetzt, sondern musste ins Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh zurückkehren.

Ist Assange für die USA ein Verräter von Staatsgeheimnissen, der mit seinen Veröffentlichungen Operationen zum Scheitern und verdeckte Mitarbeiter in Lebensgefahr oder sogar zu Tode gebracht habe, so gilt er Anhängern und Verteidigern als unerschrockener Kämpfer für die Pressefreiheit, der sich nicht einmal von der größten Supermacht der Welt einschüchtern lässt. „Er hat Amerikas Fratze entlarvt“, sagt der Dokumentarfilmer John Pilger. „Er hat die regelmäßigen Kriegsverbrechen der USA, die Lügen der amerikanischen Politiker und eine orwellianische Überwachung enthüllt.“

Eine intensive Persönlichkeit

Schon früh zeigte sich der 1971 in Australien geborene Assange außergewöhnlich wissbegierig – allerdings in Angelegenheiten, die nach Meinung anderer nicht unbedingt seine Sache waren. Nachdem er eine kanadische Telekommunikationsfirma gehackt hatte, wurde er 1994 in 31 Punkten angeklagt und schuldig gesprochen. Ein Studium der Informationstechnologie brach er ohne Abschluss ab, dafür begann er als Programmierer zu arbeiten. Menschen, die ihn persönlich kennen, berichten von einer intensiven Persönlichkeit: „Er ist jemand, der sich ohne zu fragen vom Nebentisch die Gewürze holt oder hinter die Bar geht und die Musik wechselt, wenn sie ihm nicht gefällt.“

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