Niederösterreich

Christa (55) wollte ein Tanzlokal und verlor dann alles

Christa K. (55) war eine Top-Verkäuferin, eröffnete dann ein Tanzlokal, nahm sich einen Kredit auf. Jetzt hat sie nichts mehr und das sagt die Bank.

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Christa K. (55) mit Anwalt Florian Höllwarth
Christa K. (55) mit Anwalt Florian Höllwarth
privat

"Ich hatte ein Leben, verdiente damals rund 3.000 Euro netto im Monat als Abo-Verkäuferin. Durch einen windigen Kredit eines noch windigeren Bankberaters verloren mein Lebensgefährte und ich alles, inklusive Haus", sagt Christa K. aus Guntramsdorf (Bezirk Mödling) ohne großes Wehklagen.

Tanzlokal Knickerbocker

Die zweifache Mutter hatte jahrelang als Abo-Verkäuferin sehr gut verdient, 2011 ihren Andreas (49) kennengelernt und schließlich 2012 mit ihm den Entschluss gefasst, selbstständig zu werden. "Andreas hatte damals über 20 Jahre als Schlosser gearbeitet, sein Kreuz war kaputt. Und ich selbst hielt es für einen guten Zeitpunkt", so die 55-Jährige. Also wurde ein ehemalige Disko gepachtet, das Tanzlokal "Knickerbocker" wurde eröffnet.

Dazu nahm sich Andreas (49) im Februar/März 2012 25.000 Euro alleine sowie 70.000 Euro und 45.000 Euro gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin auf. Der Kredit wurde über eine bekannte Bank in Österreich abgewickelt, viel Geld wurde ins Tanzlokal investiert und schließlich wurde das Lokal noch im Frühjahr 2012 feierlich eröffnet.

115.000 Euro Kredit

"Mein Betreuer meinte noch kurz vor der Kreditunterzeichnung, dass alles kein Problem sei. Ich müsse gar nicht mitunterschreiben für die 70.000 und 45.000 Euro, weil ohnedies das Haus meines Lebensgefährten als Sicherstellung da wäre. Aber der Form halber sollte ich dennoch mitunterschreiben und somit bürgen. Also unterschrieb ich für die 70.000 und 45.000 Euro mit", so die Niederösterreicherin.

Zu wenig ausbezahlt?

"Von Anfang an war der Wurm drin, nur ich vertraute damals einfach meinem Bankbetreuer blind und naiv, traf ihn immer wieder, teils - auf seinen Wunsch - auch außerhalb des Institutes. Das Geld floß dann seltsamerweise aber zizerlweise. Zum Beispiel: Eine der Rechnungen für den Umbau des Lokals erging an eine ungarische Firma, da wurden 20.000 Euro gezahlt. Und ich bekam einmal 15.000, dann wieder 20.000 Euro, aber immer nur von Zwischenkonten, die dann sofort wieder geschlossen wurden. Ich glaube, dass dann in Summe 15.000 bis 20.000 Euro fehlen, die ich gar nicht ausbezahlt bekommen habe.", erzählt Christa K. im Nachhinein weiser. "Beweisen kann ich aber nichts in diese Richtung", schießt die Industrieviertlerin nach.

Die Raten über 730,45 Euro wurden laut Christa K. im Jahr 2012 stets pünktlich überwiesen, dennoch folgte auf jede Zahlung sofort eine Mahnung. Mehrere Nachfragen der beiden Kreditnehmer brachten nichts ein. Im Juli 2012 hieß es plötzlich: "3.000 Euro sind an Raten offen und müssen sofort bezahlt werden", so Christa K. Die Guntramsdorferin überwies den Betrag, doch die Bank nahm das Geld nicht an. "Ich wurde endgültig stutzig und rief bei der Bank an. Nur die Betreuerin konnte mir damals nicht erklären, warum. Sie meinte selbst nur, das verstünde sie nicht."

Betreuer plötzlich weg

Beinahe gleichzeitig erfuhr Christa K., dass ihr Betreuer (Anm.: ihre Vertrauensperson und Kreditabwickler) entlassen worden war und die drei Kredite zu einem Sammelkredit zusammengelegt werden müssen. Wenig später schaltete sich eine höhere Stelle der Bank ein, am nächsten Tag hatte Christa K. einen Termin in Wien: "Ein unglaublich rüder Angestellter sagte mir, dass wir nicht mehr darum herum kämen und das Haus Ende Oktober 2012 zwangsversteigert werden müsse." Und zu diesem Zeitpunkt wurden zudem alle Konten des Paares gesperrt. 

Doch das Paar kam der Bank zuvor, verkaufte das Haus privat um 130.000 Euro, zahlte 24.000 Euro fürs Auto (Mazda) zurück und gab 106.000 Euro der Bank im Jänner 2013 zurück für den Kredit. Anfang Februar musste das Tanzlokal indes zusperren. "Ich konnte ja nichts mehr einkaufen, keine Miete mehr zahlen. Von da an bekam ich nur Inkassobriefe, obwohl ich bis 2011 keinen einzigen negativen KSV-Eintrag hatte und meine Raten immer bezahlt habe", so Christa K.

Forderung von knapp 190.000 €

Die 55-Jährige wandte sich an einige Anwälte, doch die meisten wollten eine Anzahlung. "Wie soll das gehen, wenn alles weg ist?", so Christa K. Im Juli 2017 kam die Forderung an den Lebensgefährten in der Höhe von 87.800 Euro sowie knapp 100.000 Euro von Christa K. Christa K. übt auch Selbstkritik: "Ich hätte mich früher von einem Anwalt vertreten lassen sollen, habe einige Zeit den Kopf in den Sand gesteckt, hätte da hartnäckiger sein können."

Im Dezember 2017 erkrankte der damals 45-jährige Andreas an Speiseröhrenkrebs. Heute hat der jetzt 49-Jährige zudem Bauchspeicheldrüsenkrebs, ein geschwächtes Herz, ist bettlägerig, braucht retardiertes Morphium und Pflege.

Und weil Christa K. einen ähnlichen Artikel in der "Heute" über einen dubiosen Kredit (dieselbe Bank übrigens) mit positiven Ausgang für die Kreditnehmerin (48) gelesen hatte, wandte sich Christa K. an Florian Höllwarth. "Als letzte Hoffnung sozusagen", so die Guntramsdorferin.

"Will Gerechtigkeit"

"Ich will nur Gerechtigkeit und den angerichteten Schaden wiedergut gemacht haben. Denn ich habe seit Jahren kein Leben mehr, darf kein Handy oder Auto anmelden, habe 860 Euro im Monat. Ich habe die ganze Sache gemacht, dass es mir finanziell besser geht und was ist das Resultat? Statt knapp 3.000 Euro netto im Monat, habe ich jetzt nicht mal ein Drittel davon und eine Lawine an Schulden", berichtet Christa K.

Anwalt Florian Höllwarth dazu: "Wir werden jetzt gegen die Bank mit allen Mitteln vorgehen. Dass die Bank die 25.000 Euro, für die meine Mandantin nicht mal gebürgt hat, auch gleich von meiner Mandantin sozusagen mitverlangt, ist schon ein starkes Stück." 

Das sagt die Bank

Eine Sprecherin des Geldinstitutes meinte auf Nachfrage zum Verblieb des damaligen Mitarbeiters und Krediteinfädlers: "Wir bitten um Verständnis, dass wir aus Datenschutzgründen keine Auskünfte über unsere Mitarbeiter erteilen werden." Weiters gab das Geldinstitut bekannt, dass erst nach Entbindung des Bankgeheimnisses eine transparente (und vermutliche andere) Darstellung möglich sein wird. "Heute" schickte noch am gleichen Tag die Entbindungs-Erklärung an die Sprecherin der Bank und wird berichten.

Übrigens: Das Tanzlokal im südlichen NÖ gibt es laut Ex-Betreiberin immer noch. "Das wurde einfach mit meiner Einrichtung lukrativ weiterverpachtet. Ich bekam dafür keinen Cent", so Christa K., die derzeit auch nicht arbeiten kann. "Ich pflege rund um die Uhr meinen kranken Partner", erklärt die 55-Jährige.

So floß das Geld

Nach über eine Woche und der Entbindung des Bankgeheimnisses war die Bawag dann zu einer fundierten Aussage bereit: "Den Vorwurf der „zizerlweise“ Auszahlung der Kreditvaluta weisen wir zurück: Lediglich der erste Kredit über EUR 70.000,00 wurde in zwei Teilbeträgen (EUR 30.000,00 vom 29.2.2012 sowie EUR 38.716,98 vom 19.3.2012) auf das gemeinsame Girokonto ausbezahlt. Grund dafür war, dass mit der zweiten Auszahlung bis zur Einverleibung der vertraglich vereinbarten Höchstbetragshypothek zugewartet worden ist (der Differenzbetrag wurde für die mit der Kreditgewährung verbunden Spesen wie Kosten für die Beglaubigung der Unterschriften, die gerichtliche Eintragungsgebühr u. ä. verwendet). Wie die Kunden in weiterer Folge über die Kreditvaluta verfügt haben, war alleine im Einflussbereich der beiden Kreditnehmer. Auch der zweite, ebenfalls gemeinsam aufgenommene, Kredit über EUR 45.000,00 wurde auf das gemeinsame Girokonto ausbezahlt (EUR 44.101,22 vom 11.4.2012). Hinsichtlich des Differenzbetrages wird auf die obigen Ausführungen zum ersten Kredit verwiesen. Die Aufnahme dieses Kredites wurde damit begründet, dass sich im Zuge der Renovierung herausgestellt hat, dass auch die Lüftungsanlage erneuert werden muss. Als Besicherung für die beiden Kreditforderungen dienten zwei Höchstbetragspfandrechte über EUR 84.000,00 und EUR 54.000,00 ob der im alleinigen Eigentum des Herrn B. stehenden Liegenschaft EZ 485 GB04112 Trumau, BG Ebreichsdorf. Ebenfalls im Februar 2012 hat Herr B. einen Kredit über EUR 25.000,00 für die Instandsetzung der späteren Pfandliegenschaft nach einem Wasserschaden aufgenommen. Für diesen besteht keine Haftung von Frau K. und auch keine Hypothek (auch für diesen wurden die vereinbarten Raten nur im Zeitraum von März bis einschließlich Juli 2012 bezahlt)."

Zahlungsrückstände

Die Sprecherin meint zum Kredit: "Bereits kurz nach Kreditaufnahme kam es zu Zahlungsanständen. Zum ersten Kredit wurden lediglich die beiden ersten Raten, sowie im September 2012 eine weitere Rate bezahlt. Zum zweiten Kredit wurden nur eine Rate im September 2012 bezahlt. Daher wurden sämtliche Forderungen (einschließlich der bestehenden Girokonten) fällig gestellt und unser Rechtsanwalt hat mit der Klagseinbringung über insgesamt EUR 127.498,07 gegen beide Verpflichtete, sowie weitere EUR 27.846,81, für die lediglich die Haftung des Herrn B. bestanden hat, rechtskräftige Urteile erwirkt. Zusammenfassend heißt das, dass die unterschiedlichen Haftungsverhältnisse entsprechend den tatsächlichen Gegebenheiten im - rechtskräftigen - Urteil des LG Wr. Neustadt vom Dezember 2012 korrekt berücksichtigt worden sind ", so eine Sprecherin.

Die Sprecherin weiter: "Noch bevor uns rechtskräftige Urteile vorlagen, wurden wir von einem Notar kontaktiert, weil Herr B. – ohne vorher mit uns Kontakt aufgenommen zu haben – einen Kaufvertrag über die o. a. Pfandliegenschaft unterschrieben hat. Aus diesem Verkauf haben wir einen Betrag von EUR 106.000,00 erhalten und eine Löschungserklärung für unsere Pfandrechte ausgestellt. Dass Sie in Ihrem Artikel erwähnen, dass die Liegenschaft um EUR 130.000,00 verkauft worden sei, erachten wir insofern als interessant, als uns damals mitgeteilt wurde (was auch schriftlich dokumentiert ist), dass die Liegenschaft um lediglich EUR 110.000,00 verkauft worden sei."

Lösungsvorschlag

Abschließend schreibt die Sprecherin: "Mit Beschluss des BG Mödling vom 22.11.2016 wurde über das Vermögen des Herrn B. ein Schuldenregulierungsverfahren eröffnet, in dem wir Forderungen von insgesamt EUR 87.820,43 angemeldet haben, welche auch zur Gänze anerkannt worden sind. Das Verfahren hat mit der Annahme eines Zahlungsplans, der eine 11,2%ige Quote, zahlbar in 84 gleich großen Teilquoten ab 15.3.2017 geendet (Ende der Zahlungsfrist: 8.2.2024). Die bisherigen Quotenzahlungen wurden ordnungsgemäß bezahlt. Das zuvor gegen beide Kunden betriebene Exekutionsverfahren ist leider erfolglos verlaufen. In den vergangenen Jahren haben immer wieder verschiedene Rechtsanwälte Schuldnerabrechnungen, Kreditverträge und den Titel angefordert (und auch bekommen), ohne dass sich daraus eine Regelung ergeben hätte und auch angekündigte Umschuldungen sind nie erfolgt. Hinsichtlich Frau Christa K. haften gemäß der aus dem Anhang ersichtlichen Forderungsabrechnung EUR 55.032,89 per 5.1.2021 aus."

Abschließend schreibt die Sprecherin: "Gerne sind wir bereit, einen Lösungsvorschlag zur Bereinigung der Angelegenheit zu prüfen, sobald uns ein solcher übermittelt wird."

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