FinCEN Files

Banken im Geldwäsche-Sog

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Geleakte Daten aus dem US-Finanzministerium zeigen, dass Milliarden an verdächtigen Zahlungen durchs Bankensystem fließen – auch in Österreich. Die Börsen reagieren.

Wie schon bei den Panama-Papers im Jahr 2016 und den Paradise-Papers im Jahr 2017 sorgte am Montag die Veröffentlichung der sogenannten FinCEN-Files für große Aufregung auf den weltweiten Finanzmärkten.

Anders als bei den früheren Fällen handelt es sich bei den am Sonntagabend vom internationalen Rechercheverband ICIJ (aus Österreich sind ORF und „Profil“ dabei) publizierten Informationen aber nicht um geheime Dateien von Anwaltskanzleien, sondern um Daten aus dem US-Finanzministerium. Genauer gesagt um 2100 Geldwäscheverdachtsmeldungen von US-Banken, die in den Jahren 2000 bis 2017 bei den US-Behörden eingingen. In Summe handelt es sich dabei um ein Transaktionsvolumen von knapp 1,7 Billionen Euro.

Viele der dahinterliegenden Fälle waren schon zuvor öffentlich bekannt, dennoch zeigt sich durch die FinCEN-Files, dass trotz aller Bemühungen der Behörden, Geldwäsche zurückzudrängen, nach wie vor jedes Jahr Abertausende verdächtige Überweisungen in Milliardenhöhe durch das internationale Bankensystem geschleust und dabei mitunter im Kreis geschickt werden. Und auch wenn nicht bei jeder dieser verdächtigen Meldungen auch wirklich Geldwäsche dahinterstecken muss, so deutet viel darauf hin, dass die Zahl der unerkannten Fälle jedenfalls zumindest sehr hoch ist.

Heimische Institute betroffen

Betroffen sind davon auch heimische Institute. So registrierten US-Banken zwischen 2007 und 2017 mindestens 804 verdächtige Transaktionen in einer Höhe von mehr als einer Milliarde US-Dollar – die entweder bei österreichischen Banken landeten oder von diesen auf die Reise geschickt wurden. Die von den US-Banken als verdächtig eingestuften Transaktionen involvierten unter anderem UniCredit Bank Austria, Erste Group, Bawag, Raiffeisen Bank International, Meinl und den Österreich-Ableger der russischen VTB, heißt es in den Berichten.

Die mittlerweile insolvente Meinl Bank und deren frühere Antigua-Operation spielen dabei eine besondere Rolle. Das hat mit deren Verwicklung in den Schmiergeldskandal rund um den brasilianischen Baukonzern Odebrecht zu tun, die schon seit einigen Jahren bekannt ist. Die US-Reports dokumentieren verdächtige Transaktionen der Meinl Bank Antigua von insgesamt 188 Millionen US-Dollar, ein Teil davon lief auch über die Raiffeisen Bank International. 2016 erstattete die Bank selbst, nachdem der Skandal medial bekanntgeworden war, eine Geldwäscheverdachtsmeldung.

Ebenfalls involviert war laut den Dokumenten die Raiffeisen Bank International (RBI). Zwischen Ende 2013 und 2015 sollen es hier mindestens 54 Millionen Dollar in 102 Zahlungen gewesen sein. Ob auch Raiffeisen eine Geldwäschemeldung erstattet hat, ließ die Bank auf Anfrage offen: Aufgrund des Bankgeheimnisses sei man nicht dazu berechtigt, Angaben zu machen. Selbstverständlich würde die Bank „alle gesetzlichen Verpflichtungen einhalten“. Und weiter: „Wir melden Verdachtsfälle, und wir beenden auch Beziehungen, wenn entsprechende Verdachtsmomente bestehen.“

Kurse geben nach

Ähnliche Aussagen kamen auch von anderen Banken, wie Commerzbank oder HSBC, die in den Unterlagen prominent vorkamen. An den Börsen reagierten die Anleger trotzdem verunsichert. Die Sorge vor neuen Strafzahlungen ging um. Bankentitel lagen daher weltweit in der Regel im roten Bereich. In Wien gaben die Papiere der Bawag bis zum Nachmittag um rund sechs Prozent nach. Jene der Ersten Bank um fünf und die der RBI um drei Prozent. (jaz/APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.09.2020)

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