Experten sehen Maskenpflicht skeptisch

A senior Belgian shopper is seen outside a Delhaize supermarket as it opens an hour earlier only for people above 65 years old during the outbreak of the coronavirus disease (COVID-19) in Brussels
Sechs renommierte Gesundheitsorganisationen sehen die "Maskenpflicht" für Gesunde aber skeptisch.

Um der weiteren Ausbreitung des Coronavirus entgegenzutreten, setzt die Regierung auf das Tragen eines Mund- und Nasen-Schutzes (MNS) in Supermärkten. Auch Polizisten sollen mit Masken im Außendienst tätig sein. Eine Ausweitung auf frequentierte Orte scheint ebenfalls möglich. Sechs renommierte Gesundheitsorganisationen sehen die "Maskenpflicht" für Gesunde aber skeptisch.

So weist die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in einem Video darauf hin, dass das alleinige Tragen von "medizinischen Masken" nicht vor dem Coronavirus schützt. Das Tragen müsse kombiniert werden mit zusätzlichen Maßnahmen wie Händewaschen. Daher empfiehlt die WHO das Tragen von Masken "nur in speziellen Fällen": "Wenn Sie Husten, Fieber und Atemschwierigkeiten haben, tragen Sie eine Maske und suchen Sie medizinische Versorgung auf. Wenn Sie diese Symptome nicht haben, brauchen Sie auch keine Maske tragen, da es keine Beweise gibt, dass sie Menschen schützt, die nicht krank sind."

Kümmert man sich allerdings um eine andere Person, die mit dem Virus infiziert sein könnte, sollte man laut WHO wenn man sich im selben Raum wie die Person aufhält, schon eine Maske tragen. Die Organisation warnt aber auch vor dem Tragen einer Maske, denn das Tragen könne "ein falsches Gefühl des Schutzes vermitteln und eine Infektionsquelle sein, wenn sie nicht richtig verwendet wird".

Diese Meinung teilen auch das US-Zentrum für Krankheitskontrolle (CDC), die Berliner Charite, das deutsche Robert-Koch-Institut (RKI), das Europäische Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) und die Österreichische Agentur für Ernährungssicherheit (AGES). Die MedUni Wien und dessen Zentrum für Public Health befürworten hingegen die Maßnahmen der Regierung und sprechen sich für das verbreitete Tragen von Masken aus.

Das Zentrum für Krankheitskontrolle (CDC) schreibt auf seiner Website: "Das CDC empfiehlt nicht, dass Menschen, denen es gut geht, eine Gesichtsmaske tragen, um sich vor Atemwegserkrankungen, einschließlich Covid-19, zu schützen." Eine Gesichtsmaske solle von Menschen, die das Coronavirus haben und Symptome zeigen, getragen werden. "Dies dient dem Schutz anderer vor dem Risiko, sich anzustecken." Gesichtsmasken sind laut dem CDC auch für Personen, die eine Person mit Coronavirus in engen Räumen (zB. Zuhause) pflegen sowie für Mitarbeiter des Gesundheitswesen "von entscheidender Bedeutung".

Die Berliner Charite schreibt auf ihrer Website, dass es nicht bewiesen sei, dass "sich das Ansteckungsrisiko für eine gesunde Privatperson signifikant verringert, wenn sie einen Mund-Nasen-Schutz trägt". Zudem weist die deutsche Klinik - wie schon die WHO - darauf hin, dass "ein falsches Sicherheitsgefühl dazu verleiten" könne, "zentrale Hygienemaßnahmen (...) zu vernachlässigen". In dem Zusammenhang wird auch auf die weltweite Knappheit von Gesichtsmasken aufmerksam gemacht.

Das deutsche Robert-Koch-Institut vertritt wie schon das CDC und die WHO die Ansicht, dass das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes (MNS) sinnvoll ist, "wenn sich eine an einer akuten respiratorischen Infektion erkrankte Person im öffentlichen Raum bewegen muss". Abstandsregeln sollten trotzdem eingehalten werden. Das Institut erwähnt auch die fehlende Evidenz hinsichtlich der Verringerung einer Ansteckungsgefahr beim Tragen einer Maske und verweist auf die Angaben der WHO.

So sieht das auch das Europäische Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC). Dessen Experten weisen so wie die Berliner Charite und die WHO aufgrund "eines falschen Sicherheitsgefühls und des verstärkten Kontakts zwischen Händen, Mund und Augen" auch auf ein mögliches höheres Infektionsrisiko durch das Tragen einer Maske hin.

Univ. Prof. Dr. Franz Allerberger sagt in einem Video auf der Website der Österreichischen Agentur für Ernährungssicherheit (AGES), dass es anhand von vorhandenen Studien nicht belegbar sei, dass das Tragen einer Maske bei "durch die Luft übertragenen Krankheitserregern" einen wirklichen Effekt habe. "Man sieht ja bei diesen Einmal-Mundschutzmasken links, rechts, oben, unten wie die Luft hineinkommt", so Allerberger.

Diesen sechs Quellen gegenüber steht die MedUni Wien, die die Maßnahmen der österreichischen Regierung gegenüber der APA am Dienstag als "hervorragende Maßnahme" bezeichnete. Vizerektor Oswald Wagner plädierte sogar für eine Ausweitung der Regelung. Auch das Zentrum für Public Health an der MedUni Wien sprach sich in einem Brief für eine Maskenpflicht im gesamten öffentlichen Raum aus. "Diese Maßnahme hat nachweislich zur Eindämmung der Covid-19-Epidemie u.a. in Japan beigetragen. Dabei dienen die Masken nicht dem Schutz vor Ansteckung, sondern dem Schutz der Kontaktpersonen vor einer Ansteckung durch einen latent oder asymptomatisch Infizierten", heißt es in dem der APA vorliegenden Schreiben.

MedUni Wien-Vizerektor Wagner wies aber auch darauf hin, dass Masken alleine nicht reichten und dass jeder eine Maske tragen sollte: "Wenn alle diese Masken tragen, dann werden alle auch geschützt". Wagner ortet auch einen positiven psychologischen Effekt, der von keiner der zuvor genannten Quellen angesprochen wurde, nämlich dass die sichtbaren Masken als Warnung Abstand zu halten, dienten.

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