Wann immer in der Vergangenheit in nahen oder fernen Ländern Krankheiten wie Ebola, Sars, Mers, die Vogelgrippe, ausgebrochen sind, die für Beunruhigung gesorgt haben, war die "Generaldirektorin für die Öffentliche Gesundheit" zur Stelle. Eine gewisse Pamela Rendi-Wagner, eine ausgebildete Epidemologin und Virologin, trat in der Zib-2 oder anderswo auf, um eine Einschätzung der Gefährdungslage vorzunehmen.

Derzeit tritt höchstens der Generaldirektor für die Öffentliche Sicherheit, Franz Lang, in Erscheinung - aus einem simplen Grund: Eine schlagkräftige Koordinationsstelle für Gesundheit existiert nicht mehr, sie wurde von FPÖ-Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein zerschlagen. Hintergrund des Manövers dürften laut Insidern nicht fachliche oder organisationsspezifische Überlegungen, sondern das simple Bestreben gewesen sein, eine mögliche Rückkehr der ehemaligen Spitzenbeamtin Rendi-Wagner, die längst in der Politik war, zu verhindern.

Generaldirektor ist "unabdingbar"

Unter dem Eindruck von Corona hält Gesundheitsminister Rudolf Anschober die Zerschlagung der Sektion für einen strategischen Fehler. „Ein Generaldirektor für öffentliche Gesundheit ist unabdingbar“, erklärt Anschober gegenüber der Kleinen Zeitung. „Im zweiten Quartal 2020 wird der Bereich Gesundheit damit hinsichtlich Krisentauglichkeit neu aufgestellt“. Fast alle Länder haben einen solchen „Chief Medical Officer.“ Derzeit laufen die Fäden im Gesundheitsministerium bei einem Abteilungsleiter, bei Bernhard Benka, der durchaus über einschlägige internationale Erfahrungen (Ärzte ohne Grenzen) verfügt, zusammen.

Rendi Wagners internes Schreiben

Im Zuge der Auflösung der Sektion verfasste Rendi-Wagner im Juni 2018 eine interne Warnung, die der Kleinen Zeitung vorliegt, in der sie die Zerschlagung als „unvertretbares, parteipolitisch motiviertes Vorhaben“ anprangert bzw. die Ministerin auffordert, "von dem fahrlässigen Vorhaben Abstand“ zu nehmen. „Die Auflösung kann der Gesundheit der österreichischen Bevölkerung nachhaltigen Schaden zufügen“, schrieb   Rendi-Wagner im Sommer 2018.

Zum einen könnten wegen der Zersplitterung der Kompetenzen auf mehrere Abteilungen „im Krisenfall keine effizienten Entscheidungsmechanismen (unter einem Dach auf kurzem Wege) getroffen“ werden. Zum andere sei „ein sektionsleitender Arzt mit einer breitgefächerten medizinischen Ausbildung in puncto Hygiene, Infektionserkrankungen, Epidemien und Seuchen“ für eine solche Funktion unabdingbar.

Nur ein solcher Behördenleiter sei „in der Lage, alle Informationen aus den unterschiedlichen medizinischen Fachabteilungen sowie nationalen wie internationalen Institutionen zu analysieren, medizinisch einzuschätzen, zu bewerten“ und in einem weiteren Schritt „raschest die notwendigen Entscheidungen für die österreichische Bevölkerung zu treffen.“

Mit der Zerschlagung der Sektion falle auch die zentrale Koordinationsstelle zwischen den Landessanitätsdirektionen weg, so Rendi-Wagner.