Das jüngste Eingeständnis von Airbus gegenüber den USA hat Bewegung in die Eurofighter-Sache gebracht. Die Österreicher proben erstmals politisch den Schulterschluss und machen mit vereinten Kräften Druck.

Einerseits auf die Firma Airbus, um dort auch ein Schuldeingeständnis gegenüber Österreich zu erwirken, samt Wiedergutmachung des Schadens.

Anderseits auf die Ermittler, um die Anzeige, die der Präsident der Generalprokurator, Wolfgang Peschorn, vor drei Jahren federführend vorbereitet und Ex-Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil dann eingebracht hat dingfest zu machen und das Betrugsverfahren einzuleiten.

Die Betrugsanzeige

Das Verteidigungsministerium hat  am 16. Februar 2017 bei der Staatsanwaltschaft Wien eine Strafanzeige wegen des Verdachts auf arglistige und betrügerische Täuschung gegen die Airbus Defence and Space GmbH (vormals EADS Deutschland GmbH) und die Eurofighter Jagdflugzeug GmbH eingebracht. Die Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, hat sich dem Strafverfahren gegen die beiden Airbus-Unternehmen als Privatbeteiligte angeschlossen.

Mit der umfangreichen Sachverhaltsdarstellung mit Privatbeteiligtenanschluss sind die Ansprüche der Republik auf jeden Fall gewahrt, ein Rechtsverlust der zivilrechtlichen Ansprüche kraftVerjährungausgeschlossen. Eine weitere zivilrechtliche Klage, von der in den letzten Tagen vermehrt die Rede war, ist somit vorerst nicht notwendig.

Grundlage für die Sachverhaltsdarstellung mit Privatbeteiligtenanschluss waren die Ermittlungen der  „Task Force Eurofighter“.

Hier können Sie den Bericht der Task Force nachlesen

Aufgrund der Untersuchungen der Task Force Eurofighter geht die Strafanzeige davon aus, dass die beiden angezeigten Airbus-Unternehmen die Republik Österreich seit 2002 sowohl über den wahren Kaufpreis als auch über die wahre Lieferfähigkeit und wahre Ausstattung der Eurofighter-Abfangjäger in betrügerischer Absicht getäuscht haben.

Der Schaden 

Der Schaden der Republik errechnet sich aus der Summe aus dem bezahlten Kaufpreis für 15 Eurofighter zuzüglich der Differenz aus den bislang angefallenen Betriebskosten für die Eurofighter im Vergleich zu hypothetischen Betriebskosten eines alternativen Flugzeuges abzüglich des heutigen Zeitwerts der 15 österreichischen Eurofighter. Der heute bekannte Schaden konnte laut Berechnungen 2017 bis zu 1,1 Milliarden Euro betragen. Er steht aber jedenfalls mit  zumindest 183,4 Millionen Euro fest, die die beiden angezeigten Airbus-Unternehmen im Rahmen ihrer laut Anzeige "listigen Irreführung" in den Kaufpreis eingepreist haben. Hinzu kommt der Schaden aus den zukünftig entstehenden Mehraufwendungen für den Betrieb des teureren Eurofighters, der noch nicht beziffert werden kann.

Die Sachverhaltsdarstellung belegt, dass die beiden angezeigten Airbus-Unternehmen die Republik Österreich nie darüber aufgeklärt haben, in den Kaufpreis von EUR 1,959 Milliarden Euro fast 10 Prozent, eben die genannten 183,4 Millionen Euro, für Gegengeschäftskosten eingepreist zu haben.

60 Beschuldigte

Dies, obwohl die Republik Österreich bereits in den ersten Ausschreibungsunterlagen von 2001 eindeutig gefordert hat, Kosten für die Abwicklung der geforderten Gegengeschäfte gesondert auszuweisen. Die Republik Österreich musste immer davon ausgehen, dass der Kaufpreis laut Kaufvertrag vom 1.7.2003 dem wahren Wert und Qualität der bestellten Abfangjäger entspricht und die Abwicklung der geforderten Gegengeschäfte keine finanziellen Auswirkungen haben wird. Tatsächlich wurden die arglistig eingepreisten EUR 183,4 Millionen Euro laut Anzeige aber für legale, aber auch für kriminelle Gegengeschäftskosten verwendet.

Die Beweislage der Task Force Eurofighter legt außerdem nahe, dass die beiden angezeigten Airbus-Unternehmen der Republik Österreich seit 2002 die Lieferung eines Kaufgegenstandes versprachen und vertraglich zusicherten, obwohl sie zu dessen vertraglich vereinbarter Lieferung weder in der Lage noch willens waren.

Aufgabe der WKStA - 2019 wurde das Verfahren von der Staatsanwaltschaft an die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft übertragen - ist es nun diese Beweislage durch Ermittlungen zu erhärten und das Verfahren einzuleiten. Dass in mittlerweile fast drei Jahren fast nichts weiterging, versteht Peschorn nicht.

Derzeit werde gegen rund 60 namentlich bekannte Beschuldigte und weitere Unbekannte ermittelt, hieß es diese Woche seitens der WKStA. Die vorgeworfenen Delikte lauten u.a. auf schweren Betrug, Untreue, Geldwäscherei, Bestechung (Korruptionsvorwürfe) und finanzstrafrechtliche Vorwürfe.

Seit Übergabe der Causa von der Staatsanwaltschaft Wien Anfang 2019 an die WKStA seien gegen rund 25 weitere Beschuldigte Ermittlungen aufgenommen worden.

Vergleich ändert nichts

Der 2007 abgeschlossene Vergleich zwischen der Republik Österreich und den Airbus-Unternehmen ändert nichts an der Strafbarkeit dieser Täuschungshandlungen. Peschorn damals: „Wir gehen davon aus, dass die Republik Österreich weder den ersten Kaufvertrag 2003 noch den Vergleich 2007 mit den damals vereinbarten Bedingungen abgeschlossen hätte, wenn diese Sachverhalte bekannt gewesen wären.“

Insofern dürfte sich auch die Anzeige von Peter Pilz gegen Ex-Verteidigungsminister Norbert Darabos eher als Rohrkrepierer erweisen.  Das ist der zweite Strang der Ermittlungen, und Beobachter gehen davon aus, dass dieses Verfahren vermutlich eingestellt wird, auch um den Haupt-Strang, das Betrugsverfahren, nicht zu konterkarieren. Pilz erhob den Vorwurf der Untreue, berücksichtigte dabei aber nicht, dass Darabos bzw. die Republik selbst über die wahren Sachverhalte getäuscht wurde.

Der dritte Strang der Ermittlungen schließlich bezieht sich auf die Letztempfänger der Schmiergeldzahlungen in Zusammenhang mit Eurofighter-Kauf und Gegengeschäften. 114 Millionen Euro der 183,4 Millionen wurden über das Vector-Netzwerk ausgeschleust. Hier hört man, dass es schon weitere Erkenntnisse darüber gibt, an wen die Gelder bezahlt wurden. Details sind allerdings noch nicht bekannt.

Das Vector-Netzwerk

"profil" formulierte es 2017 so: "Vector war nichts anderes als eine "schwarze Kasse“ - eingerichtet mit dem Zweck, Schmiergelder und Kickbacks zu verteilen. Eine Art Durchlauferhitzer, der bar jeder Kontrolle operierte."

Das Vector-Briefkasten-Netzwerk ist ein inzwischen aufgelöstes britisches Konstrukt, hinter dem ein italienischer Geschäftsmann mit Kontakten zur kalabrischen ‘Ndrangheta" und zwei österreichische Waffenhändler standen. Als "Direktor" der Vector fungierte der italienische Finanzbetrüger Gianfranco Lande. Lande hat laut Informationen der Staatsanwaltschaft in Rom bestätigt, für Eurofighter- bzw. die Vertreter des Konsortiums Geld gewaschen zu haben.

Laut Gerichtsakten sollen allein die Eurofighter-Lobbyisten Klaus-Dieter B., Alfred P. und Walter S. rund 100 Millionen Euro zur Verfügung gehabt haben, um die Kaufentscheidung zu ihren Gunsten zu beeinflussen. 

Das Schmiergeld, 2. Teil

Die Zahlung von weiteren nicht deklarierten Zahlungen (55 Millionen Euro)  gab Airbus gegenüber den US-Behörden zu, als Folge der ebenfalls 2017 direkt in den USA erfolgten Anzeige durch Peschorn. Airbus nannte der Republik Österreich nun auch die 14 Empfänger, wobei es sich dabei größtenteils nicht um die Letztempfänger handeln dürfte, sondern um zwischengeschaltete Personen bzw. Organisationen.

Ein Insider formuliert es so: Die ersten 114 Millionen Euro wurden über das praktische, zur Verfügung stehende Vector-Netzwerk ausgeschleust, aber dann entstanden offenbar zusätzliche "Bedürfnisse", die direkt abgewickelt wurden. "Das ist ein Sittenbild. Es gab auch gar kein Unrechtsbewusstsein."