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Finanzführerschein für 1.000 Schüler kommt

Heute Redaktion
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Der Finanzführerschein soll 1.000 Schülern den richtigen Umgang mit Geld näherbringen. Ab dem Frühjahr starten die Kurse in Polytechnischen, Fach- und Berufs-Schulen.

Das neueste Handy, das erste Auto oder sogar die erste eigene Wohnungsausstattung – der Umgang mit Geld muss schon früh gelernt werden. Ab dem Frühjahr 2020 können Schüler in Wien den Finanzführerschein machen. Durchgeführt wird das Projekt von der Schuldnerberatung Wien in Zusammenarbeit mit der Bildungsdirektion und der Arbeiterkammer.

Der Finanzführerschein gliedert sich in fünf Module zu je zwei Unterrichts-Einheiten und umfasst Themen wie das eigene Konto, Finanzierungsformen, Versicherungen, Schulden oder etwa Werbung und Kaufverhalten. "Sich mit dem eigenen Konsumverhalten kritisch auseinanderzusetzen ist sowohl für Jugendliche als auch für Erwachsene wichtig. Die Konsumschulden nehmen zu, hier kann man nicht früh genug ansetzen, um zu sensibilisieren und über die Folgen aufzuklären," erklärt Gudrun Steinmann, Leiterin der Finanzbildung in der Schuldnerberatung Wien.

Angebot für insgesamt 1.000 Schüler

Das kostenlose Angebot richtet sich in der Pilotphase an rund 500 Schüler, bis Jahresende werden rund 1.000 Schüler den Finanzführerschein absolviert haben: "Unsere Kernzielgruppe sind Schüler von Polytechnischen Schulen und Fach- sowie Berufsschulen, da sie unmittelbar vor dem Start in die finanzielle Eigenständigkeit stehen. Die Schule ist jener Ort, an dem junge Menschen fürs Leben lernen, da darf die Finanzwelt nicht fehlen," so Steinmann.

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Mitarbeiter der Schuldnerberatung Wien führen durch drei Module, zwei Module werden via E-Learning im Unterricht durchgenommen. Am Ende bekommen die Schüler bei einer feierlichen Abschlussveranstaltung ihr Zertifikat überreicht. In einem ersten Schritt nehmen 16 Schulen an der Pilotphase teil, mit Schulbeginn 2020 soll das Projekt ausgeweitet werden.

Finanzführerschein hilft, Fehler zu vermeiden

"Je früher Jugendliche ein Gefühl für den richtigen Umgang mit Geld entwickeln, umso leichter fällt ihnen als Erwachsener der Umgang mit den eigenen finanziellen Ressourcen. Mit dem ersten eigenen Konto und dem ersten verdienten Geld eröffnen sich nicht nur viele neue Möglichkeiten, sondern es birgt auch die Gefahr über den eigenen finanziellen Verhältnissen zu leben. Mit dem Finanzführerschein der Schuldnerberatung Wien geben wir den Schülern ein wichtiges Rüstzeug für ihr finanziell eigenständiges Leben mit", betont Sozialstadtrat Peter Hacker.

"'Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir', lautet ein bekanntes Zitat. Mit dem Finanzführerschein an den Wiener Schulen werden wir idealtypisch diesem Anspruch gerecht. Das, was unsere Jugendlichen hier lernen, bereitet tatsächlich auf das Leben vor. Es hilft, richtige Entscheidungen zu treffen und Fehler, die sogar existenzbedrohend werden können, zu vermeiden. Aus meiner Sicht ist Finanzbildung – so verstanden und realisiert wie in dieser vorbildlichen Initiative – somit letztlich wahre Lebensbildung", betont auch Bildungsdirektor Heinrich Himmer.



"Wir wissen aus unseren Beratungen, dass die Menschen es immer schwieriger haben, mit ihren Einkommen auch auszukommen", sagt Renate Anderl, Präsidentin der Arbeiterkammer Wien. "Vor allem junge Menschen, die sich mit ihrem Einstieg ins Berufsleben eine eigenständige Existenz aufbauen, sind mit vielen, oft größeren Ausgaben konfrontiert – Stichwort Wohnung oder Familiengründung. Sie rechtzeitig mit Finanzwissen zu schulen, ist ein wichtiger Grundstein für ihr weiteres Leben. Mit dem Finanzführerschein bekommen sie dieses so wichtige Wissen über ihre Möglichkeiten, aber auch über ihre Rechte bei Finanzgeschäften."

Kritik von Wirtschaftskammer und ÖVP

Auch Walter Ruck, Präsident der Wirtschaftskammer Wien, begrüßt den Finanzführerschein als "Schritt in die richtige Richtung". Für Ruck geht dieser aber nicht weit genug: Er fordert, dass Wirtschafts- und Finanzwissen in Form eines eigenen Unterrichtsfachs vermittelt werden soll – in altersgerechter Form, durchgehend ab der 5. Schulstufe in allen Schultypen.

Kritik kommt auch von der ÖVP: Der Finanzführerschein "ist ein Gebot der Stunde und längst überfällig", so Stadtrat Markus Wölbitsch und Bildungssprecherin Sabine Schwarz. Die ÖVP fordert für alle Wiener Schulen einen Schwerpunkt in "Entrepreneurship Education" – flächendeckend und systematisch von der Volksschule bis in die Oberstufe. "Das bedeutet einen hochprofessionellen, altersadäquaten Unterricht in unternehmerischem Denken und Handeln, der die Entwicklung bestimmter Werte, Haltungen und Qualifikationen fördert, die eine neue Gründerzeit in Wien unterstützen", erklärt Wölbitsch.

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